Der erste Tag außerhalb von Auckland

Ich bin am Strand! Finally. Das Rauschen des Meeres und die stechende Sonne versüssen mir den frühen Morgen. Bergketten in der Ferne, die schemenhaften Umrisse der Inseln vor Waifu und die Fussabdrücke im Sand sind Motive, an denen ich mich nicht satt sehen kann und dafür freudvoll den Akku meiner Kamera opfere. Keine Menschenseele am Strand, unser Zeltplatz beherbergt vielleicht 30 Gäste, davon ist lediglich einer ein Frühaufsteher, der sich einsam auf die höchste Düne zurückzieht um zu dokumentieren, wie die Sonne sich über die Inselreihe in der Ferne hinweghebt.

Ich habe es also geschafft! Ich musste erst 18.000 km reisen, um geistigen Frieden zu finden und mir nicht ständig den Kopf über irgendwelche Dinge zu zerbrechen. Ich fühle, wie sich mein Ich in mir ausbreitet und nach und nach jeden Partikel meines Körpers durchflutet und neues Leben einhaucht. Ich bekomme Lust, alles auszuprobieren: surfen, skateboarden, paddeln, Bäume ausreissen. Und bis auf letzteres werde ich auch alles machen! Angefangen habe ich damit, mir ein paar Grundlagen vom Piano anzueignen, eine Mundharmonika habe ich auch gekauft und zum Leidwesen meiner Mitreisenden übe ich auch schon fleissig. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich so gar keine Ahnung von Noten habe. Aber immerhin haben sich ein zwei Melodien in mir schon so verhaftet, dass sich langsam mehr als nur ein Brei an Tönen ergibt. Wir werden sehen, was dabei raus kommt.

Aber mit wem Reise ich nun eigentlich?

Im Hostel Verandahs war es sehr einfach, liebe und neue Menschen kennenzulernen. Jeder hat eine stark ausgeprägte Persönlichkeit und weiß, seine Geschichte zu erzählen. Von der (viel zu hohen) Anzahl an Deutschen mal abgesehen habe ich bisher Schotten, Briten, Franzosen, Schweden, Finnen, Kanadier und einen aus Neukaledonien kennengelernt, sie alle suchen nach dem Frieden, den der Erwartungsdruck der Gesellschaft nach und nach raubt.

Oh, gerade läuft eine hübsche Joggerin mit zwei Hunden vorbei, die im Wasser spielen. Ich hab mich hier schon ungefähr 245 mal verliebt.

Wo war ich stehengeblieben? Die Suche nach der inneren Ruhe, die von den Ketten der Verbindlichkeiten immer wieder wachgerüttelt wird. Sie scheinen hier erfüllt und glücklich, sind nett zu einander und unterstützen sich gegenseitig. Fehlt eigtl. nur noch das gemeinsame Singen und Kochen. Oh Moment, das machen wir ja auch die ganze Zeit. Man könnte das Ganze schon fast als Hippiekommune bezeichnen, aber dazu sind sie dann doch zu bodenständig.

Aus diesem Kreis an Leuten haben sich zur Ankunft Moritz, Fabian, Friederike und Franziska herauskristallisiert. Alle etwa zur gleichen Zeit angekommen, alle mit ähnlichen Vorstellungen. Aus der Idee, mich für eine Weile anzuschließen, da ein Auto teurer ist als erwartet, entsprang die Idee, gemeinsam eines zu kaufen und zusammen die Insel zu erkunden. Obwohl ich mir immer noch nicht sicher bin, ob ich der Mensch für so etwas bin, haben wir es gemacht. Die Sorge, nicht genug Zeit für meinen spontanen Ideen und Impulse zu bekommen ist vorerst nicht groß, aber sie begleitet mich schon ein wenig. Ich möchte mich gerne irgendwo für eine Weile niederlassen, den Moment würdigen, staunen und verharren. Mit vier bis fünf Leuten ist das eine Herausforderung. Momentan bedeutet das, früh aufzustehen und manchmal einfach irgendwo hinzugehen und in die Ferne zu schweifen. Zum Glück kann man in der Gruppe offen darüber reden, was die ganze Sache vereinfacht. Ich bin gespannt, wie das alles in ein paar Wochen oder Monaten aussehen wird. Bisher bin ich jedenfalls sehr glücklich.

Oh, und das beste habe ich noch gar nicht berichtet. Das Auto, dass ich liebevoll Pestbeule getauft habe, ist … nun ja… eine Pestbeule. Kaputter Stoßdämpfer, Benzinschleuder, klapprige Benzinklappe, ein Radio, dass nur fünf Sender empfängt, von denen auf dreien nur gelabert wird, auf dem Vierten kommen indische Shantis und der Fünfte scheint irgendwie in der Zeit hängengeblieben zu sein. Kommt also doch endlich Lost-feeling auf! Von den ganzen anderen Mängeln zu schweigen muss man aber sagen, dass er fährt. Sehr gut sogar. Und geräumig ist er auch. Irgendwie ist es gemütlich, das Ding hat Charakter. Hoffentlich einen Guten. In Kürze berichte ich mehr, ich geh erstmal frühstücken.

Kommentare

Beliebte Posts