From New Zealand With Love


Freundschaft ist die Blüte des Augenblicks und die Frucht der Zeit.

August von Kotzebue






Am 23. März sollte es soweit sein. Nach langem Warten und einer schier unendlich langen Busfahrt von Akaroa nach Christchurch saß ich mit breitem Grinsen auf dem Bordstein vor dem botanischen Garten und wartete auf den Bus aus Picton. Dabei lauschte ich der Musik aus meinem kleinen neuen IPod und versuchte, den sich unendlich langsam drehenden Uhrzeiger der Kirchturmuhr ein bisschen schneller zu bewegen, denn 18 Uhr sollten endlich André gemeinsam mit Philipp ankommen. Die Vorfreude hatte mich fest in ihren Griff, denn uns verbindet eine lange und intensive Freundschaft. Wir kennen uns bereits seit fast 24 Jahren, haben zusammen die Schulbank gedrückt, Basketball gespielt, über die Frauenwelt fabuliert, philosophische Ansichten aufeinanderprallen lassen, die schwierigsten Videospiele gemeinsam gemeistert und unzählige Konzerte angeschaut. Ich könnte niemanden nennen, der mich in meinem Leben mehr beeinflusst und geprägt hat als er. Dabei wurden mir meine eigenen Werte oft vergegenwärtigt, hinterfragt und neu formuliert. Eine solche Freundschaft sollte nun auch die größte überhaupt nur mögliche Distanz überbrücken, denn er und unser gemeinsamer Freund Philipp sollten mich von nun an für die nächsten drei Wochen auf meinen Abenteuern begleiten.
Und was für Abenteuer? Verlassene Küstenabschnitte, Leuchttürme, Pinguine und Seerobben, Wasserfälle und versteinerte Bäume und Fossile sollten allein in den ersten drei Tagen auf uns warten, während wir die südliche Ostküste in unserem gemieteten Auto entlang fahren. Und als besonderen Bonus traffen wir meine neu gewonnenen Freunde Lenja, Pina, Jaska und Ceilia noch einmal, um gemeinsam Pina's Geburtstag zu feiern!






Andre (links) und Philipp(rechts) beim bestaunen der Vegetation




Überall Schafe und Weideland. Dazu noch Küstenabschnitte.


Unser Auto leistet die besten Dienste, um uns durch die Catlins zu manövrieren



Einfach mal abschalten!



Unser erstes größeres Ziel waren die Catlins! Das Küstengebiet im Süden besticht durch wunderbare kleine Ausflugsziele wie man in den Bildern oben entnehmen kann. Die Straße durch die Catlins führt dabei bis zum südlichsten Punkt der Südinsel, von wo aus man nach Stuart Island hinüberschauen kann. Das Wetter war uns gut gesinnt, auch wenn die Bilder Regen vermuten lassen. Wann immer wir irgendwo ausgestiegen sind, wurde das Wetter hervorragend und baute eine großartige Atmosphäre auf.

Da wir nur einen knappen Zeitplan hatten, hieß es jedoch, nicht lange halt zu machen, denn wir wollten rechtzeitig zum Kepler-Track in Te Anau sein. Um dorthin zu gelangen, fuhren wir dabei den südlichen Küstenzipfel komplett ab, weshalb uns die kommenden zwei Tage von Invercargill entlang des Meeres hoch ins Fjoerdland führen sollten. Unser nächster Stop war dabei *trommelwirbel* MONKEY ISLAND! Ich höre diverse Jubelschreie, doch Guybrush und Elaine waren leider nicht anzutreffen. Dafür ein aufziehender Sturm, welcher die kleine "Pirateninsel" mit einer besonderen Stimmung versah.
Wir hofften darauf, dass es nicht auch an unserem Zeltplatz am Lake Monowai regnen würde, denn das würde unserer viertägigen Wandertour einen Strich durch die Rechnung machen.

Monkey Island: Hier halfen Affen, auf einer kleinen Insel die Warentransporte von Schiffen entgegenzunehmen.




Der Abend bricht herein am Lake Monowai. Die Fjoerdstimmung kommt langsam auf.

Ein Lagerfeuer in der Nacht hält uns warm und lässt unsere Gedanken fliegen, um hitzige Diskussionen zu führen.


Andre bestaunt den Sonnenaufgang.


Kein Regen am See! Was haben wir für ein Glück? Um der kalten Nacht vorzubeugen, lässt Andre seine gesamten Waldkautzkünste walten, um uns unter schwierigsten, weil feuchten, Bedingungen ein Lagerfeuer zu entfachen, dass uns die nächsten Stunden hitzige Diskussionen und eine gemütliche Wärme spenden sollten.

Nach einer kurzen, dennoch sehr kalten Nacht genießen wir die Morgensonne und packen unsere Sachen, nachdem wir die Nacht mit langen Diskussionen über gesellschaftliche Werte, genetische oder epigenetische Entwicklungen, Medienkommunikationstheorien, Kommunismus und andere alltagsrelevanten Probleme verbracht haben.

Wir machen uns auf die Socken und die kurze Fahrt nach Te Anau wird von nebelverhangenen Tälern und einem fantastischen Sonnenaufgang unterstrichen. Unsere Vorfreude auf die Wanderung erblüht!



In Te Anau angekommen, geht es sofort auf den Trip. Vier Tage lang durch die Fjoerdlandschaft, einen 1500 Meter Gipfel ersteigen und an dessen Hängen entlangwandern, um sich den wohl atemberaubensten Part Neuseelands von einer anderen Seite zu betrachten.

Typisch für mein übliches Glück bekamen wir gleich am ersten Tag nach unserem Aufstieg zur Hütte kurz vor den Gipfel einen wunderschönen Sonnenuntergang zu sehen, gefolgt von einem Vollmondaufgang über Te Anau. Wir sitzen Abends zusammen, plaudern mit den Wandergästen und schwelgen in alten Erfahrungen und der Schönheit des Moments.











Und auch der Sonnenaufgang am folgenden Tag sollte uns nicht enttäuschen. Mit hervorragenden Wetterbedingungen konnten wir uns aufmachen, den Gipfel zu erklimmen und das Lichtspiel von Wolken, Bergen, Seen und Sonne zu betrachten. Seht selbst.



















Leider heißt es irgendwann, das wir auch wieder nach unten müssen, denn dort wartet die nächste Hütte auf uns. Nach gut drei bis vier Stunden auf dem, wie es sich für uns anfühlt, Gipfel der Welt, beginnen wir den Abstieg durch die einzigartige Natur. Moosbewachsene Bäume, Pilze, unzählige Vögel und ein Blick in das alte Gletschertal versüßen uns den Abstieg.




Die letzten beiden Tage bahnen wir uns den Weg durch eben jenes Gletschertal. Vor noch 15.000 Jahren lag hier überall Eis, heute gehört es zu den Vegetationswundern der Welt. In der Nacht hören wir Hirsche, Kiwis, Enten und unzählige Vögel, der schrägste Vogel sollte aber erst noch kommen. Dieser wartet in der nächsten Hütte.






Pat, die Rangerin, ist ein sehr einzigartiger Kautz. Sie erzählt uns stundenlang von Fledermäusen, der tollen Landschaft, den Tieren und der Hütte, macht dabei seltsame Gesten und zeigt uns, wie man Fahrrad fährt... Irritiert hören wir ihr zu, in der Hoffnung, es würde nicht mehr lange dauern, denn während sie ihre unendliche Geschichte erzählte, sehen wir im Hintergrund die Sonne untergehen. Wie gerne würde ich jetzt rausgehen, und den Sonnenuntergang über dem See knipsen, doch die Dame hat wichtigeres zu erzählen. Z.B. wie sie Weihnachten in Te Anau gefeiert hat.
Immerhin besitzt sie ein Gerät, mit dem man angeblich Fledermäuse anhand von Ultraschall orten kann! Andre und ich leihen uns das Teil und gehen zusammen mit den zwei Däninnen, die wir beim Abendessen kennengelernt haben, auf eine Nachtwanderung, um Fledermäuse und Kiwis zu orten. Die Fledermäuse scheinen jedoch von Pat ebenfalls vergrault worden zu sein, denn wir sehen keines der eigentlich weitverbreiteten Tiere in dieser Region. Dafür hören wir ein paar Kiwis und sehen massig Glühwürmchen. Andre bekommt also das volle Programm hier bei seinem Besuch!






Der letzte Tag auf dem Kepler sollte sich noch einmal als recht lang herausstellen. Nach einigen Diskussionen über Karma, dem Einklang mit der Natur und den seltsamen Gestalten, die die Wanderhütten bewohnen, beschlossen wir, Melodien aus unserer Kindheit zu pfeifen und diese zu erraten. Dabei erblühten viele schon längst vergessen geglaubte Errinnerungen, die uns mächtig zum lachen brachten. Es ist schon toll, wie uns unsere Freunde immer wieder vergegenwärtigen, wer wir sind und waren, was wir alles erlebt haben und was den Menschen damals wichtig war. Oft nehmen sie Dinge ganz anders wahr oder gewichten bestimmte Erinnerungen ganz anders. Ich genieße die Zeit und pfeife mit den anderen das Star Wars Theme. "Das waren noch Zeiten..."


Doch kein Grund zur Wehmütigkeit. Denn am Ende des Keplertracks, den wir gegen 15 Uhr beenden, wartet unser getreues Gefährt, welches uns noch über die schönste Straße der Welt begleiten sollte. Die Milford Road ist wohl die längste Sackgasse der Welt und mit Sicherheit auch die Schönste. Sie führt entlang des Milford, den ich in Kürze noch bewandern werde und offenbahrt einen Einblick in die Schönheit der Berge und des Wassers. Die Urwaldgegend zeichnet sich durch riesige Wasserfälle, unglaubliche Felswände und Flüsse aus, die in ihrer Einzigartigkeit alles überscheinen, was ich bisher gesehen habe. Leider lassen die Fotos nur bedingt darauf schließen, in Kürze gibt es einen besseren Eindruck!




Nun wird es langsam spät und nach einer unglücklichen, jedoch aberwitzigen Episode mit einem überfahrenen Scheibenwischerblatt (ich vertiefe die Geschichte hier nicht, es bleibt aber zu sagen, dass sie in der Top Ten der tollpatschigsten Momente mit Sicherheit einen sehr hohen Rang einnehmen würde) begeben wir uns auf den noch sehr langen Weg nach Queenstown. Noch zirka 5 Stunden fahrt vor uns fahren wir also durch atemberaubende Dunkelheit, die ich mit Worten nur so beschreiben kann: unglaublich dunkel.

Aber warum der Stress? Mittlerweile haben wir den 29. März, und wir wollen noch unbedingt den Otago Rail Trail machen. Andre und ich teilen neben all den Leidenschaften für Musik, Basketball und Wissenschaft auch ein Faible fürs Radfahren. Daher hatten wir uns bereits vor meiner Abreise Gedanken darüber gemacht, eine der schönsten Radstrecken der Welt zu befahren (zumindest laut dieses Zeitungsschnippsels, den ich seit einem Jahr mit mir herumtrage). Der Radweg stellt dabei eine alte Bahnstrecke dar, die beinahe von der West- zur Ostküste führt, von Clyde (nähe Queenstown) nach Dunedin. 150 km durch die Landschaft Central Otagos locken also! Und das Timing könnte nicht besser sein, denn wir sollten zum 31. März, meinem 30. Geburtstag, unsere Odyssee beginnen und dabei das wohl bestmögliche Wetter abgreifen, dass man sich nur vorstellen kann. Doch zuvor schnappten wir uns in Queenstown noch einen dieser berühmten "Fergburger", den wohl berühmtesten neuseeländischen Hamburgern. Da es hier tatsächlich supergute Tofuburger gibt, zelebrieren wir also die alte Tradition,gemeinsam Burger essen zu gehen und feiern am See in meinen Geburtstag hinein, mit den Gedanken in der Vergangenheit und in der Zukunft, aber vor allem mit meinem besten Freund. Ich könnte mir kein besseres Geschenk vorstellen als dessen Anwesenheit und die gemeinsame Radtour, die anstehen sollte. Dabei sind ein paar meiner wohl liebsten Bilder entstanden, die ich noch sehr lange mit mir herumtragen und mich freudig zurückerinnern werde. Diese würde ich gerne hier mit euch teilen.























Tja, das sollte mein Geburtstag sein, ein komplett rundum gelungenes Geschenk. Wir schauen noch den Sonnenuntergang, der sich nach unserer Fotosession sogar noch zu einem farblichen Epos entwickeln sollte (so ist das, immer geht man weg, wenns am besten wird!). Unterstrichen wird dies noch von den lieben Geschenken, die mir aus der Heimat mitgebracht wurden und die mir die Reisegruppe um Lenja und Pina untergeschoben haben. Mit einem neuen tollen T-Shirt, einer Leselampe für mein Kindle (endlich kann ich Nachts in den Hütten auch lesen!), meinem alten aber treuen IPod sowie zwei indischen Talismans bin ich nun perfekt gerüstet für die angehenden 30er!

Der darauffolgende Tag unserer dreitägigen Radtour sollte ursprünglich "nur" 60 km lang werden, doch aufgrund einer tollen Werbung, die eine alte Goldminengeisterstadt (also mal ehrlich: Gold, Mine, Geister??!?!?! Das ist doch alles, was man im Leben braucht, oder?) versrpicht, haben wir noch einmal ca. 25 km umweg in kauf genommen. Für das hier:


Da passt aber auch gar nix. Weder Gold, noch eine Mine oder gar Geister gab es zu sehen, und bei zwei Häusern von Stadt zu sprechen scheint mir ebenfalls nicht angemessen. Nun ja, dann hat man sich halt 25 km umonst gegen den Wind gekämpft, die gute Laune sollte uns aber nicht abhanden kommen. Obwohl wir mehr als einmal die Chance gehabt hätten, uns zu beschweren. Denn auf unseren regelmäßigen Stops in den kleinen Restaurants und Bars auf der Strecke wird uns regelrecht das Geld aus der Tasche gezogen. Aber ein Päuschen mit frischen Getränken und leckerem Essen muss manchmal sein, besonders bei so einem Anlass. Ich probiere mich hie und da sogar mit einem Bier, nur um festzustellen, dass das einfach nix für mich ist. Egal! Das Osterfest stellt sich für mich jedenfalls als absolute Offenbahrung heraus. Auch dieser Tag sollte vor schönem Wetter nur strotzen und wir bekamen allerhand schöne Natur, alte Bahntunnel, Hasen, Schafe und Kühe zu sehen.










Der letzte Tag sollte dann noch einmal ganz besonders werden. Da die Nacht bereits mit Frost aufwartete, gab es am nächsten Morgen einen mehr als kalten Nebel, der das Land in eine magische Hülle einwickeln sollte und dabei Spinnenweben zum Leben erweckte und Bäume zu einer unheimlichen Silhouette verzauberte. Auf dem letzten Teil der Radstrecke fuhren wir zudem durch ein Feld, auf welchem Tausende von Schmetterlingen in Dreier- und Vierergruppen umhertanzen sollten und uns auf unserer Reise ein Stück begleiteten. Ein magischer Moment.








Nicht übel für 48 Stunden, oder?

Das wars also mit dem Radfahren. uns bleiben nur noch zwei Tage, bevor die Beiden wieder abreisen müssen, und diese verbringen wir in Queenstown. Eigentlich wollten wir noch Mountainbiken, doch das Budget und die Zeit wollten es nicht mehr zulassen. Dafür erklommen wir den nahe gelegenen Berg zu Fuß und schauten den Bikern bei ihrer Abfahrt zu und bekamen einen atemberaubenden Blick über die Stadt präsentiert.



Nach dieser unfassbaren Reise heißt es nun, Abschied zu nehmen. Aber nicht für lange, denn im Juli werde auch ich zurückfliegen und ich weiß schon jetzt, dass unsere gegenseitigen Besuche auch dann noch einen festen Platz in meinem Leben haben werden. Wer weiß, wo wir in weiteren 24 Jahren sein werden und was wir bis dahin noch alles erlebt haben? Ich bin jedenfalls froh, wieder ein gemeinsames Kapitel geschrieben zu haben, auf welches wir irgendwann einmal zurückblicken und dies mit einem dicken Grinsen aufleben lassen werden.

Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.

Willhelm von Humboldt 


Kommentare

  1. Mal wieder fantastische Fotos! Ich bin mal gespannt, wie lang dein Bart wohl noch werden wird. ;-)
    Und herzlichen Glückwunsch nachträglich! ;-D

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    1. vielen dank. und hoffentlich wird der bart nicht viel länger! ich erkenn kaum noch was und schafhirte versuchen mir an die "wolle" zu gehen ;)

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