Guybrush wer?








Muskelkater, wenig Schlaf, "Melancholie" und ein bisschen Sehnsucht nach Cape Brett, was macht man nach einem großen Hike, um sich aufzumuntern? Genau, sich ins nächste Abenteuer stürzen!


Gesagt getan, ich buche für den 12.12.2012 eine Segeltour, denn ich verharre in der Bay of Islands bereits seit mehreren Wochen wie ein ruheloser Pirat, der sich schleunigst eine neue Crew zusammensucht, um einen Piratengeist zur Strecke zu bringen und dabei die eine oder andere Affeninsel erkundet und unzählige Abenteuer erlebt. Dabei stolpere ich über einen tollen Captain namens Mike, der auf sein Segelboot anheuert, um Delphine, Inseln, Riffs und Buchten zu erkunden. Genau das Richtige für mein kleines Piratenherz, vielleicht finde ich ja auch meine Elaine oder einen dreiköpfigen Affen?



Gesagt getan, zusammen mit Janine, einem Gast aus unserem Hostel, treten wir gemeinsam den Segelturn an, der für knapp 60 Euro eine siebenstündige Reise durch die Bay of Islands verspricht. Mike, eine charismatische Erscheinung, läd uns und 4 andere Gäste auf sein Schiff ein und bietet erst einmal einen Kakao mit Ingwerkeksen an, ich fühle mich sofort wie zu Hause. Doch viel Zeit sie zu genießen habe ich nicht, denn kaum bin ich am Knabbern dieser Köstlichkeiten, bittet er mich doch, das Ruder zu übernehmen und uns aus der Bay hinauszufahren. Wuhuuhuu! Ich meine "Aiai, Captain", also ab hinters Ruder und die Hindernisse umtuckert (noch sind die Segel nicht gehisst).





Backbord (links) vom Hairücken, so die Anweisung des Captains, war mein Ziel. Ich umsegelte ein paar Felsen und wich wagemutigen Rentnersegelschiffen aus, deren Kurs anscheinend durch die Herzmedikamente beeinflusst werden, zumindest symbolisiert das Kopfschütteln von Mike, dass die älteren Herren und Damen nicht ganz dicht seien. Mich stört es nicht, ein wenig Action schadet der Sache nie, und ich muss ja für den Oberpiratenchef ein wenig üben. Soll ich das Rentnerschiff entern und meine Wortgefechtskills üben? "Du kämpfst wie eine Kuh!" oder "Ohne Doppelherz sind deine Fechtkünste nicht mehr als ein schlechter Scherz!"


Naja, da ich kein Massaker auf hoher See anfangen möchte, behalte ich meine Beleidigungsfechtskills für mich und grinse diabolisch in mich hinein, während ich mir vorstelle, wie die alten Leute vor Ehrfurcht freiwillig über Board gehen. HA, denen habe ichs gezeigt.




Nachdem ich imaginär die Fische gefüttert habe, sehe ich in der Ferne auf einmal die ersten Delfine. Ich gehe leicht Steuerbord und halte auf die hüpfenden Tierchen zu, die scheinbar immer gute Laune haben und nichts besseres zu tun haben, als Boote zu verfolgen und Touristen auszulachen. Das gefällt mir, ich möchte auch ausgelacht werden. Ich sehe, wie sie in der Ferne Backflips, verrückte Pirouetten und andere waghalsige Stunts machen und denke mir: "Das wird ein Fest!" Als wir endlich ankommen, scheinen die Kerlchen aber total K.O. zu sein, denn von ein paar Auftaucheinlagen und ein bisschen Gequietsche einmal abgesehen ist es wenig berauschend, was diese Angeber an den Tag legen. Mag aber auch daran liegen, dass wir sie gerade in einem besonderen "Moment" stören, schließlich tummeln sich hie und da nur Zweierpärchen mit einem verschmitzten Grinsen und so einem Glanz in den Augen, der mir verrät, das hier wahrscheinlich gerade ein gewisser Steuermann mitten in ein romantisches Tete-a-tete gekracht ist. Ich bin es gewöhnt und denke mir nicht viel dabei, gehe aber in Deckung aus Sorge, dass der männliche Delfin womöglich den einen oder anderen Fisch nach mir werfen könnte oder das Boot von unten sabotiert. Wir nehmen also wieder Kurs auf, diesmal geht aber Mike ans Steuer, denn es wird Zeit, die Segel zu hissen und ein paar Hindernisse zu überwinden. Ich überlasse ihm das Steuer, möchte ich doch, dass auch er einmal die Chance hat, ein bisschen Erfahrung zu sammeln, sich unter Beweis zu stellen um ein bisschen Lob abzubekommen. Ich verspeise also meine restlichen Ingwerkekse und lasse den Blick über das Meer schweifen.


Segeln ist etwas ganz besonderes. Die Ruhe, die das Meer verspürt und die unendlichen Möglichkeiten die vor-, hinter- und unter einem liegen beflügeln die Fantasie, der Wind fährt durchs Haar und verbreitet diesen angenehm salzigen Geruch des Meeres und hier und da kreisen Möwen und größere Vögel über den Wellen, um sich wagemutig ins Wasser zu stürzen und sich einen Fisch zum Mittag zu schnappen, welchen sie dann der Vogelmama bringen. Sie wartet daheim mit der Bratpfanne und fertigen Kartoffeln.





Hach, das Leben kann so schön sein.






Wie üblich löchere ich Mike nebenbei mit Fragen über seine Persönlichkeit und zwinge ihn, all seine tollen Geschichten auszupacken. Gespannt mit dem Finger am Fingerschraubenstöckchen quetsche ich all die Informationen heraus und erfahre, dass er einmal einer 6 Meter großen Schildkröte begegnet ist, auf der gut zehn Mann hätten sitzen können. Sie steuerte auf sein Boot zu und tauchte im letzten Moment unter. Faszinierend. Und er berichtete von unfassbaren Stürmen, in denen er und seine Crew sich nur noch unter Deck zusammenfinden konnten und gebannt, rauchend und trinkend darauf warteten, das es vorübergeht. Mit riesigen Wellen und schlimmen Gewittern ist dies sicher kein Kinderspiel, Mike hat Erfahrung. Er scheint mir der Richtige für meine Crew, um die sieben Meere zu erkunden und meiner Rache an einem gewissen, hier nicht namentlich erwähnten Piratenboss nachgehen zu können und die süße Prinzessin aus den Klauen des Riesenkraken zu befreien.






Nach dem Geschnicke beschließe ich, Mike etwas Ruhe zu gönnen und wir gehen an Land einer Insel mit einer großen Erhebung, die uns ermöglicht, die Bay of Islands einmal von oben zu betrachten (ohne dafür 20 km zu laufen). Wow. Ich glaube, ich bin leicht zu beeindrucken, den seit dem ich in Neuseeland bin, gibt es keinen Tag, an dem mir nicht einmal der Kiefer aufgeklappt ist und ich ihn mühevoll wieder einränken musste. Wenn man dort oben steht und diese blauen Buchten sieht, merkt man, das man wirklich an einem besonderen Ort ist, der nicht grundlos von so vielen Schiffen besucht wird.












Ich lasse also den Blick über die Bucht schweifen und suche nach einer Insel mit einem Affenkopf, doch leider musste ich enttäuscht werden. Giraffen, Bären, Löwen, alles da, aber kein Affe. Bin ich etwa in der falschen Bucht? Oder hat mir meine Fantasie nur einen Streich gespielt?


Ich habe keine Zeit zu überlegen, wartet doch das Mittagessen und eine kleine Schnorcheleinlage auf mich, weshalb ich den Abstieg beginne und mich mental darauf einstelle, während des Schnorchelns mit riesigen Oktopussen zu kämpfen und anderes Gekreuse in die Flucht zu jagen. Vielleicht lässt sich ja immerhin die eine oder andere süße Meerjungfrau retten oder Captain Nemo kommt vorbei? Was macht der eigentlich? Von dem hat man schon lange nix mehr gehört. Könnte ihm jemand meine Emailadresse geben und ihn fragen, ob er Lust hat, bei meiner wagemutigen Crew anzuheuern? Oder wenigstens einen Tee zu trinken? Er könnte sich ja auch mal melden. Der Arsch.








Aufgrund der begrenzten Sicht an diesem Tag musste ich mich jedenfalls statt mit Meerjungfrauen nur mit großen Fischen, Seeigeln, Seesternen und anderen Tieren zufrieden geben. Kann man mal machen!


Nachdem ich aufgetaucht, abgeduscht und erschöpft wieder an Bord gegangen bin, verputze ich erst einmal mit großem Hunger mein vegetarisches Sandwich, welches Mike liebevoll zusammengestellt hat. Sehr zuvorkommend. Ich vermerke in meinem Notizbuch ein Extrasternchen für ihn, er kämpft sich auf meiner Crewliste nach und nach nach oben, ich werde ihn bei Gelegenheit dafür loben.


Wir nehmen wieder Fahrt auf und so langsam neigt sich der Tag zu Ende. Hach, ich würde am liebsten für immer hier bleiben, doch wer soll dann den Blog schreiben und den ganzen Tag Facebook zuspammen? Reuevoll geht es zurück, nicht ohne aber noch einige Aufgaben zu erledigen. Geschickt rolle ich mit den anderen die Segel zusammen und beobachte den Horizont für mögliche Hindernisse oder versteckte Pinguine am Strand. Diese heimtückischen Biester warten nur darauf, achtlose Segler zu überfallen, sie mit ihrer Süßhaftigkeit zu bestechen und dann dem tierlieben Seglern wie mir das Herz zu brechen. Doch diesmal waren keine zu sehen, Gott sei Dank!






Am Hafen angekommen, verabschieden wir uns von Mike, ich lasse meine Karte da und sage ihm, dass er einen guten Job gemacht hat und wenn er möchte, kann er meiner Piratencrew anheuern. Ich gehe schnell von Bord, um mich den Tritten in Richtung meines Hinterns zu entziehen und schaue noch einmal zurück um zu sehen, wie Mike die Bucht verlässt.






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Kommentare

  1. *hihi* Die Mütze! Mit der du am Steuer stehst! Fantastisch! xD
    Genauso wie die Bilder. Kein Vergleich zum eher bewölkten Deutschland (wobei es hier auch nicht gerade weihnachtlich ist). Und falls ich von Captain Nemo hören sollte, sag ich Bescheid. ;-)

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    1. hihi danke. ich hoffe, du hast jetzt wieder lust auf monkey island bekommen. ich würd es zu gern mal wieder daddeln hier, regnen tut es nämlich auch die ganze zeit!

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    2. Ich spiele lustigerweise zur Zeit sogar "Tales of Monkey Island". ;-)

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  2. Cpt. Zig sticht in See! Jawoll! Siehst du, da hast du alles richtig gemacht. Man kann garnix verkehrt machen außer es nicht zu machen wenn man die Möglichkeit dazu hat so eine Reise anzutreten. Dir noch eine herrliche Zeit in Neuseeland wünscht dir Alexander H

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