Eine gute Reise

Nun heißt es Abschied nehmen, nach all dieser Zeit. Ich wünsche dir eine gute Reise, du lieber Mensch. Patron und Mentor meiner Existenz. Deine Begleitung über die vielen Jahre hat mich so vieles gelehrt, mir Freude bereitet, Trost gespendet, Zuversicht vermittelt und die Welt in neuem Licht sehen lassen. 

Nicht immer waren wir einer Meinung, viele Umwege haben wir genommen und dabei Täler und Berge gesehen, die gar nicht für unseren Pfad vorhergesehen waren. Und doch haben wir stets das Beste daraus gemacht, unser Brot geteilt und uns mit Geschichten am Feuer warm gehalten. Zusammengehalten, uns gestützt, wenn der Andere mal nicht mehr konnte. Flüsse durchquert und den einen oder anderen nassen Schuh abbekommen. Wir haben auf Irrwegen den Kompass vor uns hergetragen und immer wieder neue Wege ausmachen müssen, aber nie die Hoffnung verloren. Unsere einstige Wandergesellschaft wurde nach und nach dünner und mit jedem Kilometer mehr gab es ein bisschen mehr von dem schweren Gepäck abzugeben. Was für ein Widerspruch und welch seltsames Gefühl, leichter und zugleich schwermütiger. Tief im Inneren vermissten wir die Stimmen der anderen und auch wir wurden langsamer, nachdenklicher, gebrechlicher. Das Leben lehrte uns Demut, aber lies uns aus dem, was wir übrig hatten etwas machen, an dem wir uns erfreuen konnten. Irgendwie hat es ein bisschen geklappt. Zumindest für eine Weile.

Als sich die undurchsichtige Route zu lichten schien, haben wir es uns nicht nehmen lassen, den Abzweigungen zu schönen Plätzen zu folgen, die zum Verweilen einluden und uns daran erinnerten, was wir einander haben. Diese Erinnerungen geben mir heute Kraft, Mut und Hoffnung für den Weg, der vor mir legt. Das deine Abzweigung, der Weg über die Brücke, so plötzlich und unverhofft früh schon kommt, hat mich überrascht. Das war so nicht eingezeichnet. Ich bin überfordert. Erschüttert. Verunsichert. So gerne wäre ich noch eine Weile an deiner Seite mitgegangen, um gemeinsam mit dir den Blick über die Felder und Meere schweifen zu lassen. Deinen humorvollen Bemerkungen zu lauschen und in Erinnerung an die alten Abenteuer zu schwelgen. Dich mit deinem Gepäck zu begleiten und dir beim Tragen zu helfen. Doch ändern kann ich nichts an diesem Pfad. Ich halte dich lange im Arm und nehme Abschied, übergebe dich an das Unbekannte und schaue zu, wie du davon schreitest, ohne dich umzudrehen.

Jetzt stehe ich mitten in einem Wald, vor mir kein Weg erkennbar, kein Ziel am Horizont. Doch du hast mir beigebracht, selbstsicher weiterzugehen und meinen Weg zu bahnen. Dazu zu stehen. Auch wenn ich ihn nicht sehe. Ich gehe mit innerer Zuversicht und so vielen Menschen, die mir den Weg weisen. Mit Erfahrung und gestärktem Selbstvertrauen einfach weiter und weiter und ich weiß, dass ich irgendwann ankommen werde. Bis ich den nächsten Berg, den nächsten See, den nächsten Wald oder Ort finde, der zum Verweilen einlädt und in dem dein Echo ruht. Ich werde meine Schritte immer mit dir verbinden, das Rauschen des Waldes flüstert deinen Namen und die Reflexionen im Wasser tragen dein Spiegelbild. Du wirst mir fehlen, aber auch immer bei mir sein.

Wer weiß, was meine Bahnen noch so kreuzen wird. Ich bin offen und bereit. Ich werde die Erinnerung an dich hochhalten und dein Wissen weitergeben. Ich kann dir nur Danken für diese vielen schönen Erfahrungen, den magischen Panoramen, den Momenten der Verbundenheit, bis zum Schluss. Für die Welt, die du mir zu Füßen gelegt hast und das Handwerk, um sie zu beschreiten. Irgendwann werden unsere Pfade wieder zusammenführen, dann werde ich dir in die Arme fallen und so viel zu erzählen haben und dir neugierig zuhören, was du so erlebt hast. Ich freue mich auf die Geschichten, die wir dann teilen können. 

Hab eine gute Reise.

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