Berlinale oder: Mein Kalender und ich

Es ist wieder soweit. Wenn Leute mehr Zeit damit verbringen, in ihre Kalender zu schauen oder Filme anzugucken anstatt mit Menschen zu reden, dann muss wohl Anfang Februar sein. Die BERLINALE ist da! Über 600 Aufführungen von Hunderten von Filmen die aus Tausenden von Einsendungen gesichtet wurden und nun der Öffentlichkeit präsentiert werden. Es ist für jeden Menschen etwas dabei: jung und alt, schwul oder lebensmüde, traurig oder richtig traurig, manchmal auch fröhlich.
Aber wie will man das alles organisieren? Bei meinen Recherchen der Pläne anderer Menschen (umschauen in der Schlange vor der Kinokasse) habe ich schon Excel Tabellen, selbstgebastelte Kalender mit mindestens 4 Farben(!!), Handykalender die überquillen weil man ja noch unbedingt die der Freunde importieren musste und vollgekrikselte Programmhefte gesehen.
Es hilft alles nichts!
Und es macht einen höllischen Spaß. "Was schaue ich morgen? Ach, das klingt eigentlich auch spannend" und ZACK ist der ganze Plan über den Haufen geworfen. Erich Fromm hätte seine Freude, so viel Spontaneität hat er in seinem Leben noch nicht gesehen.
Wenn man sich dann endlich mal entschieden hat, kann es losgehen. Vorausgesetzt, man findet sein Kino und noch einen schönen Platz. Hat man erstmal einen gefunden, merkt man, dass man umgeben ist von einer bunten Mischung aus Filmliebenden internationaler Herkunft. Alle sitzen sie da mit großen Augen, Lächeln im Gesicht, ständig passieren kleine Konversationen mit völlig unbekannten Menschen von der anderen Seite der Welt, die durch ihre Leidenschaft vereint vor sich hin schwärmen. Es ist ein bisschen wie auf einem Flughafen, so viel Herzlichkeit wie am Terminal oder auf der Berlinale findet man sonst wohl nur selten.
Und dann verdunkelt sich der Saal, der Vorhang öffnet sich und man taucht ein mit seinem Raumschiff der Zwischenmenschlichkeit voller Stille aber größter Verbundenheit, in eine andere Welt voller Emotionen, großartiger Bilder und unendlich vielen Ideen. Man wird mitgenommen in die Gedanken der Regisseure, in die Lust der Schauspielenden und den Fieberträumen der Autoren. Das Publikum johlt, schluchzt, bannt. Es gibt kaum etwas schöneres als einen Saal voller Jugendlicher, die auf einmal Schnüffzen und Schnäuzen, weil ein Junge seine verstorbene Mutter vermisst und dem Papa sagt, wie lieb er ihn hat. Da geht einem das Herz auf und man sieht all die Zwischenmenschlichkeit, die man im Alltag so sehr vermisst. Und das alles im dunklen, stillen Saal, irgendwo mitten im Herzen Berlins.

Geht der Vorhang dann wieder runter, beginnt meist tobender Beifall, die Leute stehen auf und rufen vor Freude, umarmen sich, grinsen über beide Ohren, manchmal sind sie auch tief betroffen von den eingebrannten Eindrücken und den moralischen Dilemmata, die einen noch lange beschäftigen werden. Und manchmal war der Film auch einfach nur schlecht. Dann sagt man lieber gar nichts. Aber das ist die Ausnahme.

All diese Hochgefühle werden bei meinem Besuch noch einmal übertroffen von den vielen Menschen, die in Berlin nur darauf warten, besucht zu werden oder einen ins Kino begleiten oder um die kulinarischen Köstlichkeiten Berlins zu entdecken und Gedanken zu teilen.

Hach, Berlinale. Eine Wonne. Und ich steck mitten drin

Ein von andreas (@blackholebird) gepostetes Foto am

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