Extrem laut und unglaublich nah







Jonathan Safran Foer - Extrem laut und unglaublich nah










Synopsis:
Der allerschlimmste Tag. Die Gedanken hören nicht auf, sich darum zu drehen wie die Planeten um die Sonne, wie eine Motte ums Licht. Getrieben von seinen Gefühlen beginnt Oskar Schell, dem letzten Rätsel seines verstorbenen Vaters nachzugehen und lernt dabei auf seinen Streifzügen durch New York die Schicksale anderer umtriebiger Seelen kennen.

Gedankensplitter:
Foer, der Autor von "Alles ist erleuchtet" und "Tiere essen" entfaltet in "Extrem laut und unglaublich nah" eine ergreifende Geschichte um einen hochintelligenten, aber auch äußerst sensiblen Jungen, der sich auf der Suche nach dem Gedenken seines Vaters weit von zu Hause fortbegibt, nur um seiner Familie noch näher zu sein. Dabei wird das Rätsel, ein Schlüssel für ein unbekanntes Schloss, zum Vehikel für Oskar, um andere Menschen kennenzulernen. Dieses Stück Metall wird zum Schlüssel zum Herzen derer, denen Oskar begegnet und seine Geschichte teilt. Und diese teilen ihre Vergangenheit mit ihm und sind selbst verwundert, wieso sie sich einem so jungen Menschen so einfach öffnen. Mit einer Leichtigkeit eines Kindes begibt sich Oskar dabei in Familiendramen und zwischenmenschliche Beziehungen.

Der Autor malt dabei meisterhaft ein romantisches Gemälde voller sozialer Verknüpfungen, voll von Nähe, Wärme, Trauer und Neugier. Dabei nutzt er das Medium so erfrischend, dass man es jedesmal bedauert, wenn es an der Tür klingelt, man zur Arbeit muss oder sich etwas zu essen holen will. Man findet Bilder aus dem Fotoalbum des Kindes, Schnappschüsse aus den beschriebenen Momenten des Buches, Tagebucheinträge und vor allem Briefe. Das gesamte Buch wirkt wie ein Liebesbrief an die Form der handschriftlichen Kommunikation und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Foer wirft allerhand philosophische Gedanken in die Waagschale: was ist der Sinn des Lebens? Was hat ein Toter noch außer seinem Namen? Ist zu Hause der Ort, an dem die meisten Regeln existieren? Wie sind Menschen miteinander verbunden? Was ist Liebe? Und warum sagen sie nicht das, was sie denken und geben sich soviel Leid hin, statt jemandem zu sagen, was er ihm oder ihr bedeutet?
Diese Fragen werden aber so erfrischend unverbraucht thematisiert und sind weitab von den schon tausendfach verwurstelten romantischen Klichees erörtet, dass man Foer am liebsten die Hand schütteln möchte und ihm dafür danken will, dass er dieses Buch geschrieben hat. Ja, man möchte auch dem Buchhändler die Hand schütteln, dass er das eigene Geld genommen hat und einem dieses Buch verkauft hat!

Bevor ich zum Ende dieser wirren Gedanken komme, möchte ich noch einen interessanten Aspekt thematisieren, welchen ich bereits bei "Zwischen den Panels" diskutiert habe und über den ich kurz danach auch in diesem Buch gestolpert bin:
dabei spricht Oskar, bei einem seiner philosophischen Ausschweifungen auch kurz darüber, warum man eigentlich nur über Höhepunkte und Tiefpunkte spricht. Sollte es nicht auf das Zwischenmenschliche ankommen, auf das namenlose Beisammensein? Auf die Vertrautheit des Anderen, dem Unausgesprochnenen? Zudem musste ich an den Inhalt eines Briefes denken, der von Person A an Person B geschickt wird. Dieser Brief mag noch so bedeutungsschwangere Inhalte tragen, aber so lange er in diesem Umschlag ist, sich in den Taschen der Briefträger befindet oder ungeöffnet auf dem Schreibtisch liegt, ist alles "Wichtige" zwischen den Panels, in einer Spalte der Realität, dessen Bedeutung durch die "hold"-Taste vom Walkmen des Schicksals zurückgehalten wird.

Wie dem auch sei: ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen. Es ist ein höchst philosophisches Buch, dass einem lehrt, dass man wirklich an jeder Stelle seines Leben einfach kurz "hold" drücken kann und dann mindestens gugolplexviele Wunder umsich herum hat, über die man sofort losstaunen oder fragen kann. IMMER!

Danke, dass sie mein Geld genommen haben, lieber Buchverkäufer!

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