Das So-Sein

Einige kennen dieses Gefühl sicherlich. Diese Neugier und Faszination, die mich als Kind getrieben hat, mir heimlich Gruselfilme anzuschauen, Bücher über Vampire und Monster zu lesen oder Videospiele in abgelegenen Welten mit riesigen Fantasiewesen zu daddeln. Dieser mysteriöse Reiz des Unerklärlichen, die Suche nach dem Warum und nach einer höheren Erkenntnis über das Übernatürliche dahinter haben mich motiviert, unzählige Filme zu schauen, mich im Science Fiction und Mystery zu Hause zu fühlen und dafür gesorgt, dass ich mir ein unüberschaubares Sammelsorium an Gedanken zu völlig nutzlosem Wissen über Geister, Werwölfe, riesigen, lebendigen Pilzen, Außerirdischen usw. angeeignet habe, mit denen man nicht gerade einen Blumentopf gewinnt.

Nun kann man hier mit kulturkritischer Brille auf eine sehr eingeschränkte Entfaltung des Subjektes aufmerksam machen, die sich in typischen kapitalistischen Mechanismen entfaltet hat und nicht in der Lage ist, eben jene Mechanismen der Produktionsverhältnisse zu hinterfragen. Und ja, diese Perspektive ist absolut gerechtfertigt. Aber bei allem Selbstzweifel bezüglich der Selbstwerdung stört mich dieser Umstand verhältnismäßig gering, denn ein anderer Umstand hat mich viel intensiver umgetrieben. Denn wann wurde diese Sehnsucht nach der Ferne, nach der tiefgründigeren Erklärung eigentlich jemals erfüllt? Ich erinnere mich an die Zeiten, in denen ich Stephen King verschlungen habe und mich immer gefragt habe, woher eigentlich dieser böse Clown aus Es gekommen ist, aus welchem Loch ist Randall Flagg gekrochen ist und beschlossen hat, Unheil über die Menschheit zu streuen? Was für ein seltsamer Planet muss die Heimat von Q aus Star Trek gewesen sein und woher kamen diese grünen kleinen Viecher aus der Episode "Cocoon" in Akte X? Und warum ist Ganon ständig dabei, Prinzessin Zelda zu entführen? Woher kommt er und warum kann er das, was er kann? Egal was ich für fragen hatte, sie wurden nicht beantwortet und hinterliesen ein großes Fragezeichen über meinem Kopf. Viel schlimmer war es aber, wenn diese Fragen dann einmal beantwortet wurden. Eine unfassbare Entäuschung macht sich breit, denn fast immer wurde es nur in einem Nebensatz geklärt oder einer gänzlichen Banalität ausgeliefert. Ein absoluter Prototyp für dieses Phänomen sind sicher die Mediclorianer aus Star Wars, die auf einmal erklären, warum Luke ein Lichtschwert durch pure Willenskraft bewegen kann. Was für eine Enttäuschung!!!

Mit diesen kontinuierlichen Desillusionierungen, mit der Entzauberung all dieser Mysterien, ja mit der Entmystifizierung dieser Welt ist mein Verlangen nach diesen Phänomenen nach und nach verkümmert oder hat sich in andere Richtungen gelenkt. Die Wissenschaft ist das neue Fragezeichen, dass einem von einer Frage zur nächsten treibt. Von Persönlichkeitskernen über Sprachanalysen hin zu den psychologischen Tiefen des Geistes gab es genügend ungelöste Rätsel, die nur darauf warten, entzaubert zu werden und wieder Enttäuschung aufgrund ihrer Banalität zu hinterlassen.

Und hier komme ich zur Frage, die hinter all den Millionen von Fragen steckt, die ich über all die Jahre gestellt habe: wieso fragt man sich das? Wieso diese Ruhelosigkeit, warum dieses Streben nach dem Fremden? Ist das die Suche nach dem Sinn des Lebens? Ist sie der Motor, in die Welt zu gehen und etwas zu schaffen? Ist das mein Ausdruck vom Streben nach Anerkennung? Und erlaubt dieses Fragen dann eigentlich auch einen Moment des Glücks, wenn er doch bei jeder Beantwortung desillusioniert wird? Zumindest im Rückruf auf meine Erinnerungen an frühere Bestrebungen würde ich mich durchaus als glücklich bezeichnen, ist doch alleine der Akt des Suchens unglaublich befriedigend und sinnstiftend. Er hat mich überhaupt dazu befähigt, mich kreativ mit jenem Wissen auseinanderzusetzen, sei es nun in der Wissenschaft oder in all den unterschiedlichen Welten, in denen ich als Kind zu Hause war. Und irgendwie... bin ich stolz drauf. Ich glaube, dass ist Persönlichkeit. Und ich glaube, davon habe ich mehr, als so manche/r RTL-Reporter/in...

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