most favorite music 2014

2014 war ein Jahr der Sinnsuche. Die Zweifel um den Weg, wie es einmal weiter gehen würde, wühlten stark in mir und konnten keine konkrete Perspektive offenbaren. Ich arbeite zwar seit März wieder in einem tollen Job, aber aufgrund befristeter Verträge und unsicheren Perspektiven in der Bildungslandschaft mag sich nichts abzeichnen was irgendwie Halt bietet. Hinzu kommt, dass ich über drei Jahre lang mit dem Ziel vor Augen lebte, einmal nach Neuseeland zu gehen. Mit der Erfüllung dieses Wunsches riss ich mir selbst ein schwarzes Loch in meine Brust und obwohl ich immer noch stark inspiriert bin von dieser fantastischen Reise fehlte doch dieser Punkt zu dem man aufblicken kann und der all mein Schaffen am Horizont fokusiert und bündelt.
Ich wünschte ich könnte jetzt hier schreiben, dass ich diesen Punkt nun endlich wiedergefunden habe, aber bisher hat sich das leider noch nicht ergeben.
Was mich in dieser Zeit der Suche ebenfalls stark beschäftigt und deprimiert hat war der Gedanke, dass meine so lebendigen Tagträume aufgehört haben, mich zu überwältigen. Immer seltener habe ich mich in Fantasien gestürzt oder meinen melancholischen Gedanken freien Lauf gelassen, was vielleicht auch nur meinen tristen Alltag widergespiegelt hat. Alles war rationaler, was durchaus auch dem Umstand geschuldet war, dass ich kaum Zeit hatte, schließlich musste ich einem prall gefüllten Terminkalender nachgehen. 
Aber wenn ich jetzt zurück blicke fällt mir auf, dass ich die Träumerei so ganz doch nicht aufgegeben habe. Denn die Musik und auch die Filme (coming soon) die mich dieses Jahr bewegt, gefesselt, mitgenommen und verzaubert haben sprühen nur so vor enigmatischem Charme und der Sehnsucht nach magischen Orten. Und zu diesen Orten möchte ich euch im Folgenden mitnehmen: auf eine Rundreise durch die Seele eines Tagträumers.


best albums



A Winged Victory for the Sullen - Atomos





Ein beflügelter Sieg für die Missmutigen. Naja, etwas frei übersetzt und so richtig will das Album auch nicht danach klingen. Denn von Missmut kann nicht die Rede sein, wenn die Streicher gepaart mit dem Piano und der E-Gitarre in die feinen Strukturen immer wiederkehrender Themen eintauchen. Da ist der Albumtitel Atomos wohl treffender. Dieses Album, ursprünglich als Soundtrack für ein Theaterstück komponiert, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Man muss es ganzheitlich fühlen, sich treiben lassen auf diesem Fluss durch die Wildnis der Gedankenwelt.

FKA Twigs - LP 1




Quer. Queer. Irgendwie komplett fremd und doch vertraut. Man findet im Album (wie schon in der fantastischen EP) einen Ruhepol, der einen umarmt und behutsam in die fragile Seele einer Fee entführt, die das Ende der Welt gesehen hat. Welches sie vielleicht sogar selbst herbeigeführt hat.



Hiatus - Parklands





Ein seltsames Album (das auch schon recht alt ist), auf das ich überhaupt erst aufgrund von Shura (vgl. notable tracks) gestoßen bin. Hiatus entfaltet Traumlandschaften und läd sich allerhand unterschiedliche Menschen ein, allen voran besagte russisch-amerikanische Popsängerin Shura. Geprägt von einer fast schwülztigen Melancholie und esotherisch angehauchten Klängen wackelt Hiatus auf einem schmalen Grat und fällt doch nie runter. Er vermeidet somit, ins Nervige abzudriften und zeichnet statt dessen ein hervorragendes Album zum entspannen und sich treiben lassen. Das ist eines dieser trippigen Alben für den Sonntag morgen.


Jon Hopkins - Immunity (LP) / Asleep Versions (EP)




Zugegeben, jetzt schummele ich etwas, denn Jon Hopkins phänomenales Album Immunity kam bereits letztes Jahr heraus. Dennoch hat es mich das ganze Jahr über begleitet und in Zusammenhang mit den „Fortführungen“ der Asleep Versions (2014), die sich einige der Tracks des Albums annehmen und in entschleunigte Tagtraummelodien verwandeln, entfaltet dieses Album so viel Kraft und Tiefgründigkeit. Hopkins schafft es, technoartige Songs mit tiefenentspannten Engelsgesängen zu verweben und entfaltet so die Seele elektronischer Musik, die sich mit einem Brennglas in die Strukturen des feingewebten Teppich der Erinnerungen einbrennt.


Kiasmos - Kiasmos






Streicher meets Synthi. Piano und Beats. Zwei Gegensätzlichkeiten in einem Satz. Das meint ein Chiasmus. Die Musik von Olafur Arnalds und Janus Rasmussen greift das ganz wunderbar auf. Sie entführt mit ihren beatlastigen Elektrospuren und sanften Streichern in eine texturierte Landschaft voller Lagerfeuer unter freiem Sternenhimmel, eisigen Wüsten und schweigenden Liebesbeziehungen voller Leidenschaft. 
Ich hatte das Glück, die beiden im Watergate live zu erleben und konnte ein Meer an lächelnden Gesichtern sehen, die alle gerade in einem ganz privaten Kino ihren Träumen nachgingen. Famoses erstes Album dieser bereits seit fünf Jahren bestehenden Band.



Kiesza - Sound of a Woman


Mit Hideway hat sie die Erwartungen unglaublich hoch gesetzt. Eine Stimme die das Innerste zum Schmelzen bringt und 80er Synthies, die alte Zeiten heraufbeschwören und so unglaublich vertraut klingen und doch erfrischend gut tun. Das Album führt das, zumindest abgeschwächt, fort. Die Hüften können gar nicht aufhören, rhythmisch zu wackeln, es sei denn die mellow beats setzen ein und lassen einen hinsetzen, um dem „sound“ einer Frau zu lauschen. Sehr schönes tanzbares Album, ein Kontrast zu den eher ruhigen Sachen die mich dieses Jahr bewegt haben. Irgendwie steht dieses Album auch in Tradition einer Moloko, auch wenn ich es schlecht begründen kann.



Labyrinth Ear - The Orchid Room




Der Zuhörer irrt durch einen Zauberwald mit all seinen dunklen und geheimen Plätzen, entdeckt die Nähe von Schönheit und verstörenden Schauspielen, tragischen Fehlbildungen und anderen Miasmen der Nacht. Der Wald ist von Feenzauber bedeckt wie von einem schützenden Deckmantel, der seine Entfremdung nicht preis geben möchte und somit ewig dazu verbannt ist, seine Schönheit zu unterdrücken und nicht anerkennen zu lassen.



Movement - Movement (ep)




Menschliche Berührungen im Kerzenschein. Intime Nähe beim gegenseitigen Kennenlernen. Die Erkundung des Anderen mit allen Sinnen. Der perfekte Soundtrack für die knisternden zwischenmenschlichen Spannungen, die keiner Worte benötigen.



Noveller - No Dreams




Auch dieses Album erschien bereits letztes Jahr, dennoch habe ich es erst dieses Jahr entdeckt und habe mich davon fangen lassen. Wenn man ein schwarzes Loch vertonen würde, würde es wohl so klingen. Die Träume werden aufgesogen in diese dunkle Kugel, aufs äußerste komprimiert, begleitet von einem Beben und wieder herausberstend in Milliarden Partikel. Wenn Interstellar nicht schon so einen gelungenen Soundtrack gehabt hätte, wäre es wohl dieses Album geworden.


Sylvan Esso - Sylvan Esso





Synthie Pop. In einer Welt, in der so viel nur noch kopiert und resampled wird und sich Innovation kaum noch bewegt, hat man manchmal das Gefühl, sich den bestehenden Strukturen ergeben zu müssen. Wenn schon ergeben, dann aber Sylvan Esso, die dem Genre unglaublich viel Charisma und Seele einhauchen.



Notable Tracks



Shura - Touch







Mit Touch hat sie wohl den Track des Jahres für mich heraus gebracht.Das Album braucht noch ein paar Monate, aber was in diesem Song an Intimität geschaffen wird, ist mehr als manche in einem ganzen Album zu erzielen versuchen. Die Stimme von Shura hat mich jedenfalls komplett in ihren Bann gezogen. Einen kleinen Vorgeschmack zu dem, was noch kommt kann man übrigens hier erhören: http://www.bbc.co.uk/programmes/b04sn8t9


Four Tet - Parallel Jalebi (HudMo-Remix)








Four Tet hat zwar dieses Jahr kein Album rausgebracht, dafür aber eine ganze Reihe an tollen Tracks, Remixes und mixes. Und er wurde gemixed.
Dieser Hudson Mohawke hat nicht nur meine Möbel zum Wackeln gebracht sondern auch meine verstaubten Knochen entkalkt. Schön laut aufdrehen!
Four Tet ist wahrscheinlich der Musiker, der mir am längsten zur Seite steht seitdem ich Musik höre. Er wandelt sich ständig und bleibt sich doch irgendwie treu, es scheint, als hätte er einen direkten Draht zu dem, was mich bewegt und setzt dem Ganzen irgendwie einen drauf. Es ist der perfekte Spagat zwischen Melancholie und ausgelassenem Tanzen und feiern. Daher war das auch unter den Top 5 Live-Events in diesem Jahr.



Interstellar - Docking




Wenn man im Kino sitzt und dieses Theme auf einen einprasselt, möchte man aufspringen und die Leinwand umarmen. Ein Höhepunkt der Filmgeschichte und einer der spannendsten und mitreissendsten Momente der letzten Jahre.



Shlohmo - Emerged from smoke






Shlohmo: um ihn ist es ja etwas ruhig geworden dieses Jahr. Es gab zwar den Release um Jeremih, der irgendwie cool war aber auch irgendwie nicht. Aber aufgrund einer ausgelassenen Livetour ( endlich durfte ich ihn mal in Berlin sehen, yes!) ist das auch zu verzeihen. Nun, pünktlich zu meiner Liste, hat er einen neuen Track veröffentlicht, den ich niemandem vorenthalten möchte und der mich schon gespannt auf das kommende Jahr blicken lässt. Can. not. wait!



Verity Susman - To make you afraid




Electrelane machen Pause. Vielleicht gibt es sie auch gar nicht mehr. Aber wenn dem so sein sollte, macht zumindest Verity Susman das Beste drauß. Dieser Track hat mich jedenfalls das ganze Frühjahr über permanent begleitet und die Grenzen der Stereoanlage ausgereizt. Famos.

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