Das Gewebe der Zeit

Die Synapsen feuern in winzigen Intervallen ständig neue Leuchtfeuer an Ideen, die Augen wandern rasend von einer Seite zur Anderen und wieder zurück, mit dem Versuch, der aberwitzigen Geschwindigkeit stand zu halten. In jeder Sekunde vergehen unnütze und geniale Impulse zugleich, werden niemals gehört und verebben in dunklen Gehirnregionen. So reichhaltig diese Gedanken auch sein mögen, ihr Wert ist gleich null, sie werden nie die Oberfläche erreichen und Luft schnappen können, um neue Handlungen zu kultivieren, sich dem Nichts zu entziehen und andere Menschen inspirieren zu können. Und doch ringt sich eine von Millionen Ideen durch, bekommt einen fruchtbaren Nährboden und wächst zu etwas wunderschönem, etwas, das aus dem Nichts heraus entstanden ist und einen Funken von Wunder versprüht. Sie hinterlässt ihre Spuren in der Zeit, im Menschen und auf dieser Welt, wie eine Narbe, die eine Geschichte zu erzählen hat, wenn man danach fragt. Sie wird mit unzähligen anderen Narben kollidieren, sich kreuzen und verschlingen und wiederum neue Gedanken gebären, sich zu einem Geflecht an Handlungsmustern verstricken und zu etwas gänzlich Neuem erwachsen, deren Geschichte über die Jahre hinweg verwäscht und unhinterfragt bleiben wird. In diesem Geflecht bin ich groß geworden und ich beginne erst jetzt zu verstehen, dass ich Tag für Tag auf einem Friedhof von Wundern stolziere, nach denen jahrelang niemand gefragt hat. Doch nur mit dem geringsten Funken Interesse kann man diesem toten Gewebe neues Leben einhauchen und zu einem Feld von  Leuchtsignalen werden lassen, wie ein Feld voller Glühwürmchen erstrahlen sie die Welt und wärmen für eine Weile dieses etwas, was wir Seele nennen.

Wir sollten dankbar sein für jeden Gedanken, der sich durch die Oberfläche ringt, wer weiß, was sie noch für Wege bahnen. Vielleicht richtest du beim nächsten Gedanken, der durch dich hindurch fließt, ein wenig Aufmerksamkeit darauf und fühlst die Magie des Möglichen.



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