Favourite movies and shows 2024
Ich schreibe dieses Jahr nicht, das es ein besonderes Kinojahr war. Ich lasse die schiere Menge an grandiosen Filmen für sich sprechen, um mich nicht langsam unglaubwürdig zu machen, denn schon in den letzten Jahren habe ich viele positive Bilanzen ziehen können.
Was mich aber glücklich macht ist der Umstand, dass ich auch 2024 das Glück hatte, wunderbare Bekanntschaften, neu und alt, neben mir zu haben, wenn ich in den Kinosälen Deutschlands einige der besten Filme meines Lebens schauen durfte. Berlinale, Fantasy Filmfest in München, das Lichtspielhaus, IMAX, Cinestar, Kino am Markt, Schillerhof und viele viele andere große und kleine Kinos waren in diesem Jahr einige wunderbare Vorführorte, um Filme zu schauen und sich mit Menschen zu verabreden. Und auch wenn ich die kleinen Kinos gerne unterstütze, bin ich doch auch in Sucker für die großen Leinwände mit den dicken Anlagen. Und in diesem Jahr gab es dafür ein paar einzigartige Anlässe, die mein Filmherz für immer bereichern werden.
Außerdem durfte ich mit Melanie beim Cuts-Livepodcast dabei sein, mit ihr auch durch die Berlinale streifen, mit Andre und Mo einige der coolsten Film-Abende im IMAX zelebrieren (Alien, City of Darkness und Dune <3 ) und mit meiner Weimar-Erfurt-Jena Crew gab es unzählige Abende, um gemeinsam zu schwelgen, zu diskutieren, zu lachen und zu weinen. Unser Filmclub ist gewachsen, die Dino-Kino-Reihe in Erfurt bietet den wunderbaren Anlass um zusammenzukommen und gemeinsam Jurassic Park anzuschauen. Was will man mehr? Was für ein schönes Jahr das war, seht ihr an den folgenden Beschreibungen. Ich bin sehr dankbar für die vielen zwischenmenschlichen Begegnungen und Kinohighlights. Danke an:
Lena, die Franzis, Melanie, Andre, Marli, Mo, Jana, Nathalie, Marcus, Cora, Theresa, Luca, Tine, Justin und Max und alle aus unserem Filmclub. Letzterer ist in diesem Jahr noch ein Stück gewachsen und hat es irgendwie geschafft, noch ein Stück gemütlicher zu werden. Auf das 2025 ähnlich schön, witzig und spannend wird!
Lasst mich gern wissen, was eure Highlights waren. Was habe ich übersehen, was fehlt noch, womit kommt ihr gar nicht klar? Na dann, Vorhang auf und viel Spaß.
1. Poor Things
Poetische Bilder, verschrobener Humor, tiefe und vielschichtige Message. Die Vision, die Prämisse (eine schwangere Frau(Emma Stone) will sich das Leben nehmen und wird von einem unkonventionellen Chirurgen gerettet und transplantiert das Gehirn ihres Babies in ihren Körper, um sie zu retten (und ein Experiment durchzuführen)), die Inszenierung, die darstellerische Leistung. Es macht einfach Spaß, Bella dabei zuzusehen, wie sie sich als weibliches Individuum Bahn in dieser Welt bricht und alle möglichen Konventionen aufgrund ihres "befreiten" Hintergrundes in Frage zu stellen. Hier entzieht sich alles den Erwartungen und es entsteht ein herrlich befreiter Film, der ungemein witzig ist aber auch existenzialistische Themen mit einer Leichtigkeit in den Fokus rückt und dadurch einfach begeistert. Moral, Gesellschaftszwänge, Sexualität und Trieb, Liebe und Ehe, Konventionen und Selbstbestimmung sind hier große Themen, die pragmatisch, direkt und unverblühmt verhandelt werden. Und das alles in einer visuellen Vision irgendwo zwischen Tim Burton, Frankenstein und einem Märchen. Yorgos Lanthimos Film ist dabei viel zugänglicher als etwa The Lobster, The Sacred Heart of a Dear oder Dogtooth. Die Prämisse "Was wäre, wenn ein Kind unter ganz anderen Umständen aufwachsen würde" bietet viel Raum für Reflexion und Diskussion rund um Gerechtigkeit, Normen und Gleichberechtigung. Ein absolutes Highlight und ein Instant Classic... Wow. Dickes Danke auch an meine Begleitung, mit der ich danach noch lange diskutiert und geschwärmt habe. Danke Lena!
1. Perfect Days
Dieses Jahr war wirklich besonders gut. Das merkt man allein daran, dass ich mir bei so vielen Filmen eine 1 davor schreiben muss, weil sie für mich als absolutes Highlight in Erinnerung bleiben. Und ich muss sagen, dass Perfect Days schon am 3. Januar für mich direkt auf diesen Platz gerutscht ist. Wim Wenders taucht ab in den Mikrokosmos von "Ikigai", einer japanischen Lebensphilosophie, die das gute Leben aus fünf Säulen formuliert. Ich habe tatsächlich erst weit nach dem Film ein Buch über jene Weltsicht gelesen, aber in seiner Kombination hat mich beides tief berührt und transformiert. Diese meditativen Einstellungen und Dialoge, dieses wunderbare Portrait eines charismatischen, tragischen aber absolut liebenswürdigen Kloputzers verhandelt das kleine alltägliche Glück mit so viel Respekt und Anerkennung für diese Tätigkeit und sein Dasein... Es ist würdevoll, lebensbejahend und einfach ein wunderbarer Einblick in japanische Lebensverhältnisse und dieses so andere Mindset. Gepaart mit dieser fabelhaften Musik und nostalgischen Nuancen ist es für mich rundum gelungen. Ja, man kann den Film auch kritisch lesen und das entfaltet auch eine Wirkmacht, aber ich glaube im Sinne von Ikigai zeigt der Film ganz gut, wie sich Zufriedenheit noch konstituieren kann. Ich bin verzückt!
1. Dune 2
Denis Villeneuve did it again. Nahtlos setzt er sein Epos fort und zeigt uns einen Messias, der sein Leben aufgibt, um sich der Welle des Schicksals anzuschließen und den Harkonnen endlich an den Kragen rückt und dabei nach und nach selbst entrückt. Mit wahnsinnig dynamischen Actionszenen, unvergesslichen SciFi-Bildern, Hand-to-Hand Fights aber auch tragischen Liebesgeschichten und vielschichtigen Beziehungen sowie der Liebe zu Sand, Wüste und Einöde ist dieser Film ein Fest für die Sinne. Ich hatte das Glück, ihn im IMAX zu sehen, insgesamt sogar drei Mal, und ich habe ihn komplett aufgesogen und jedes Mal aufs Neue viele Details entdeckt, die mich glücklich gemacht haben. Bis hin zu dem epischen BuiltUp eines Wurmritts, der für mich wahrscheinlich zu den epischsten Szenen gehört, die ich je im Kino erleben durfte. Ich bekomme heute noch Gänsehaut. Ich bin gespannt auf Teil 3 und habe Angst vor der Serie. Wer auf Science Fiction steht, kommt an diesem Epos jedenfalls nicht vorbei und wahrscheinlich ist es für SciFi das, was Herr der Ringe für Fantasie war.
1. Zone of Interest
Dieses Werk gehört zu den intensivsten und klügsten Filmen, die ich je gesehen habe. An dem realen Schauplatz vom Konzentrationslager in Auschwitz sieht man Rudolf und Hedwig Höß, wie sie mit ihrer Familie ihrem regulären Alltag nachgehen, während in unmittelbarer Hörweite das absolut Unvorstellbare passiert. Mit einem markerschütternden Sounddesign und einer schauderhaften Banalität des Bösen spielen Sandra Hüller und Christian Friedel ein verabscheuungswürdiges Nazi-Paar, welches maßgeblich Teil der systematischen Auslöschung von jüdischen Menschen war und diese plante, durchführte und dabei in einer Fassade an Familienleben dahinvegitiert. Eindringlich, clever, schmerzhaft, hochreflexiv und unvergesslich. Dieser Film läuft außerhalb dieser Skala und ist ein historisches Zeitzeugnis und der Beweis, wie vielschichtig das Medium Film sein kann. Absolut beeindruckend und wichtig, aber auch bedrückend.
2. Hundreds of Beavers (Fantasy Film Fest)
Harter Bruch, aber: Hands down: der wohl witzigste und einfallsreichste Film in diesem Jahr war nicht River oder Deadpool, sondern Hundreds of Beavers. Kein Trailer wird dieser Erfahrung gerecht und ich kann nur jede:n anhalten, dafür ins Kino zu gehen. So viel Liebe zum Detail, zu Kreativität und zu Cartoons und Slapstick hat man noch nie erlebt. Unabhängig davon zündet dieser Film ein wahres Feuerwerk an Gags in einem Stakkato, dass einem den Hut wegfetzen wird. Wie ein Trommelfeuer ballern die Witze auf unsere Synapsen und sobald man lacht, hat man 3-4 Witze nicht mitbekommen. Dabei entstehen eine Reihe an Inside Jokes, die das Zwerchfell in einer unfassbaren Intensität massieren. Dieser Film lief im Rahmen des Fantasy Film Fests und wird wahrscheinlich keinen leichten Start haben, aber jede:r, der / die endlich mal wieder einen wirklich witzigen Film sehen möchte, die betrübenden Gedanken aus den Krisen unserer Zeit abschütteln möchte und der / die auch mal Humor unter der Gürtellinie ertragen kann, sollte sich dieses Werk geben. Worum es geht? Um den Winter zu überstehen und seine Geliebte beeindrucken zu können, versucht ein Apfelschnappsverkäufer Biberfälle zu ergattern. In einem wilden, optisch super originellen Stil wird hier ein Slapstick-Stummfilm zelebriert, der alles abfackelt, was zu einer guten Komödie dazu gehört. Grandios!
Offizieller Release 13.Februar 2025!
3. Sterben / Dying
In dieser sehr vielschichtigen Auseinandersetzung mit Leben, Tod, Würde, Sinn des Lebens aber auch Freundschaft, Künstlertum, Musik und Familie hat sich Matthias Glasner große Themen auf den Tisch gepackt, die von Corina Harfouch, Lars Eidinger, Lillith Starnberg und all den anderen Schauspieler:innen souverän getragen werden. Dieser Film ist so lebendig und voller Wertschätzung, voller Anerkennung um die Herausforderungen des Daseins und man möchte Dankbar sein dafür, wie Glasner all dies in so einem langen und doch sehr kurzweiligen Film unterkriegt. Wie ein Prisma laufen die verschiedenen Perspektiven auf diese Themen immer wieder zusammen und man wartet gespannt darauf, was die Protagonist:innen als nächstes tun, sagen oder bleiben lassen. Große Empfehlung aber nichts für zwischendurch.
4. Love Lies Bleeding (Berlinale)
Love Lies Bleeding ist wie eine erwachsene und surreale Version von Thelma und Louise. Rose Glass, die vorher nur den sehr unbekannten aber gefeierten "Saint Maud" gedreht hat (und einige weitere Kurzfilme) fängt hier direkt mit Kristen Stewart und Newcomerin Katy OBrain ein Schwergewicht der großen Leinwand ein. In einer zärtlichen wie brutalen Inszenierung charakterisiert sie eine Trash-Romanze rund um Emanzipation, Gewalt und Bodybuilding in überlebensgroßen Bildern, die lange nachhallen und einfach mächtig viel Bumms erzeugen. Irgendwo zwischen Drive und Thelma und Luise atmet dieser Film Zigarettenrauch und spritzt Anabolika, um sich in deinen Synapsen zu verewigen. Ein Film für die Kinoleinwand und mit wahnsinnig heißen Bildern. Sehr sehenswert.
5. Alien: Romulus
Ich hätte nicht damit gerechnet, dass mir Alien:Romulus so viel Spaß machen würde und so hoch hier einschlägt. Der Regisseur Fede Alvarez, bekannt für das Remake von Evil Dead (mäh) und Dont Breathe (yeah) schafft es, einen wunderbaren Retrolook zu erzeugen, der durch eine interessante und clever handelnde Crew getragen wird, die mir von Anfang an wichtig war und deren persönliche Motivation eng mit den Geschehnissen verwoben ist. Davon mal abgesehen sind die Visuals und das Sounddesign einfach auf höchstem Niveau. Wenn die Raumstation dabei ist, in einen riesigen planetaren Ring aus Eis zu krachen, ist das einfach ein SciFi-Spektakel, das man auf der großen Leinwand gesehen haben muss. Alles raucht, klappert, dröhnt und ächtzt und man kann nicht wegsehen von diesen wunderbaren Bildern. Dabei habe ich die eigentlichen Stars des Films noch gar nicht erwähnt: die Facehugger. Denn die sind so schleimig, wurmig und saugnapfig, wie man sie ganz bestimmt nicht in Echt erleben will. Alvarez schafft es, dem Film ein wunderbar offenes aber würziges wie würdiges Alienkorsett zu schustern, das dieser Filmreihe vor allem Schauwerte und eine nachvollziehbare Crew hinzufügt, die man so lange vermisst hat. Dicke Empfehlung, für mich einer der besten Einträge in das Alien-Universum und ein absolutes Highlight in diesem Jahr.
6. Red Rooms (Fantasy Film Fest)
Wahrscheinlich DER Film, den dieses Jahr niemand auf dem Zettel hatte und der gleichzeitig mit am Besten abschneidet. In diesem sinistren Gerichtsthriller geht es ans Eingemachte, dabei passiert vor allem viel auf der Ebene der Vorstellungskraft.
Wir verfolgen aus der Perspektive einer Hackerin eine Gerichtsverhandlung über einen Angeklagten, der bestialische Morde begangen haben soll. Pascal Plante lässt einen sehr lange im Dunkeln über die Motivation seiner Charaktere und wirft zahlreiche Fragen auf über Moral, Anstand, Verantwortung und auch unseren Medien. Diese Fragen werden immer wieder gebrochen und führen die Protagonistin und die Zuschauenden an verschiedene Grenzen. Das klingt dann doch härter, als es ist, aber dieser Tauchgang in die Abgründe unserer heutigen Gesellschaft lohnen sich. Mit fiesen erzählerischen Kniffen ist er fast unmittelbar nach Anatomie eines Falls direkt der zweite (von drei) Gerichtsfilmen in kurzer Zeit, die wirklich abliefern und neue Perspektiven und spannende Aspekte aus einem gefühlt schon durchspielten Thema abringen. Sehr sehenswert und für mich einer meiner Filme des Jahres!
7. A Travellers Needs (Berlinale)
Wunderbar. Mein erster Hong-Sang-Soo und eine wunderbar fies aufgelegte Isabelle Huppert. Mit wirklich trockenem Witz und einer zynisch skurrilen Inszenierung führt Hong Sang-Soo gesellschaftliche Erwartungshaltung und daraus erzeugte Normen vor. Stellt euch Loriot im zugeknöpften Südkorea vor. Ich möchte unbedingt mehr von ihm sehen und kann sein verschmitztes Grinsen förmlich spüren. GROßARTIG! Eines meiner Berlinale-Highlights!
8. River - The Timeloop Hotel
2022 hinterlies Junta Yamaguchi mit "Beyond the infinite two Minutes" einen großen Impact: wahnwitzig erzählter OneTake mit Zeireisen in einem Restaurant... Die Geekfestivals, Foren und Filmnerds haben es gefeiert. Grandios. Auch in River reisen wir durch die Zeit, und auch dieser Film spielt in einem Hotel oder zumindest in einem kleinen Ressort, in dem alle zwei Minuten die Zeit resetted wird. Und alle Bewohner:innen können sich an die Zeit davor erinnern. Was ist da los? Warum wiederholt sich alles immer wieder? Wie kann man ausbrechen und wie verdammt nochmal bekommen die zwei Futtersäcke bessere Gewürze für ihren Reis, den sie immer wieder essen müssen?
Herrlich abgedreht und sehr kreativ, minimalistisch und dennoch in hohem Tempo und originell inszeniert. Tolle kleine Perle und vielen Dank an den Filmclub, die ihn mit mir geschaut hat.
9. Deadpool & Wolverine
Ryan Reynolds ist ein Schelm. Schon die ersten beiden Deadpool Filme waren ein Gagfeuerwerk in diesem mittlerweile so öden Marveluniversum. Reynolds hat maßgeblich dazu beigetragen, diese Figur zu beleben und den Comics so nah zu sein wie nur selten eine Comicfigur. In diesem Teil hier legt er noch 5 Schippen drauf und nimmt alles, was ich an den frühen Marvelsachen (Blade) und Wolverine (Logan) geliebt habe und macht daraus ein völlig irres Multiversumsgagfest, das auf dem Papier eigentlich so gar nicht funktionieren dürfte, aber hier liefert er als Film komplett ab. Vorausgesetzt, man mag die Referenzen, Gags, den Metahumor und die ganzen Backroundpuns. So wie ich. Nichts als Liebe, besonders für diese wunderbare orchestrale Version von Like a Prayer und auch das Finale mit einem so gut aufgelegten Hugh Jackman.
10. Civil War
Alex Garland haut einfach einen tollen Film nach dem anderen raus. Ja, es sind nicht so große Blockbuster wie die Filme des Denis Villeneuve, aber für mich spielen sie fast auf dem gleichen Level. Ich liebe Autorenfilmer, die sich Gedankenkonstrukten annehmen und versuchen, sie auszuformulieren. Oft als Science Fiction, immer aber mit Moral im Kern ihrer Geschichte. In Civil War nimmt sich Garland der Kriegsfotografie an und fragt nach der Ethik, nach dem Verfall der Sitten in einem Amerika, das in einen Bürgerkrieg verfällt. Mit furchtlosen Fotograf:innen, die irgendwie ihren Kompass fürs Leben verschoben haben, folgen wir einer Gruppe, die den Sturz des Präsidenten dokumentieren möchten und wie in Heart of Darkness von einer abgründigen Episode in die nächste schliddern. Sehr spannend, besonders, weil man beim Zuschauen genau wie die Reporter:innen selbst diesen schrecklichen Szenarien völlig ausgeliefert ist. Für mich vermittelt der Filmein gutes Gefühl über die Macht der Fotografie und Information, aber auch über moralische Grenzen und dieser Unsicherheit, nicht zu wissen, wem man vertrauen kann und wem nicht. Sehr eindrücklich!
11. Robot Dreams
Aus dem Nichts kam diese kleine Sommerperle und hat mir die heißen Sommernächte versüßt. Ein Hund in New York fühlt sich einsam und hat keine Freunde. Er bestellt sich einen Roboter und hat mit ihm die beste Zeit seines Lebens, bis es zu einem tragischen Schicksalsschlag kommt und er ihn verliert. Bei dem Versuch, ihn wiederzubekommen, kämpft er gegen allerhand Widrigkeiten, die ihm viel Lehrgeld zahlen. Eine wunderbare Ode an Freundschaft und die kleinen Dinge des Lebens. Hat sich direkt in mein Herz gespielt und der Zeichenstil ist exakt right up my alley. Dicke Empfehlung für die gesamte Familie!
12. Comme le Feu (Berlinale)
Dieser zarte, toll inszenierte Film über Ruhm, Männlichkeit, Freundschaft aber auch Kreativität und Schaffenskraft und die Rolle von Frauen an der Seite kreativschaffender Männer ist eine wirklich schöne, vielschichtige Lagerfeuerdiskussion, mit der ich eine gute Zeit hatte. Es atmet Kanada, wie ein Roman von Jonathan Franzen zeichnen wir hier Beziehungskonstellationen nach, die nach und nach an gegenseitigen Erwartungen, Stolz und Missgunst auseinanderfallen.
13. City of Darkness / Twillight of the Warriors: Walled City
Dieser mehr als unterhaltsame Kung-Fu-Action Kracher ist nicht nur eine Hommage an das 80er Jahre Hong-Kong-Action Kino, sondern auch eine ziemlich spaßige Comicverfilmung mit einem tollen visuellen Stil. Irgendwo zwischen Kung-Fu Hustle, allen Jackie Chan Filmen die du kennst und eine kräftigen Brise Übertreibung, wie man es gut aus dem Bollywoodkino kennt, bewegt sich dieser Film leichtfüßig wie ein Shaolin über den Köpfen seiner Gegner. Für Fans von Martial Arts eine absolute Empfehlung!
14. The First Omen
Gute Grusel- und Horrorfilme sind selten und werden immer rarer. Oft sind sie von Effekten übertüncht oder versuchen, durch simple Formeln einen Horror zu erzeugen. Aber The First Omen geht da erfrischend andere Wege, obwohl es sich nach einem typischen Fortsetzungsmurks anhört. Immerhin erzählt er das Prequel zu dem wohl bekanntesten Horrorjungen der Filmgeschichte: Damien. In First Omen erfahren wir, wie er auf die Welt kommt und was seine Mutter alles durchmachen musste und das funktioniert überraschend gut. Vielschichtig, selbstbestimmt, gruselig, dramatisch und wirklich gut inszeniert! Es emuliert sehr sehr gut den Stil der frühen Filme und fängt die Szenerien ähnlich gut ein! Ganz großes Gruselkino!
15. The Substance
Mit The Substance kam zum Ende des Jahres noch einmal ein hocherwarteter emanzipatorischer Schocker ins Kino, der mit einer bissigen Kapitalismus- und Sexismuskritik mitten ins Herz des bestehenden Patriarchats stieß. Souverän spielt Demi Moore als alternde Schönheit gegen die äußeren Kräfte an und unterzieht sich einer Metamorphose, die gespielt durch Margret Qualley ein Eigenleben gewinnt und sich selbstständig macht. Mit teilweise heftigen aber auch aufreizenden Bildern wird hier nicht gespart, inszeneatorisch musste ich häufig an Requiem for a Dream denken. Beeindruckend, aber leider auch ein klein bisschen drüber und platt, besonders im letzten Drittel. Dennoch: ein krass guter Beitrag in das Genre des Bodyhorrors und herrlich bissige Gesellschaftssatire!
16. Joker: Folie a Deux
Ich hatte große Angst um diese Fortsetzung. Schon der erste Teil hatte etwas seltsam widersprüchliches. Die wirklich tollen, aber zum Teil arg kopierten Bilder bei Scorsese in Kombination mit einem wahnsinnigen Protagonisten, der in unserer Gesellschaft auf perfide Art als Antihelden hochstilisiert hat, haben mir große Angst bereitet. Dieser wirklich clever dargestellte Wahnsinn ist nichts, was man feiern sollte, sondern einem Angst bereiten müsste und diese Formel hin zu der ungerechten Gesellschaft, der man nur noch mit Gewalt ausbrechen kann, hat besonders 2024 überraschend reale Konturen bekommen, die man unbedingt kritisch lesen muss, wie der Mord an Brian Thompson zeigt.
Umso unsicherer war ich, was ich aus dem zweiten Teil machen sollte und ich wurde arg überrascht. Erstens entzieht sich der Film hart den Genrekonventionen und spielt irgendwo zwischen Musical und Gerichtsdrama und entzieht sich bis zum Schluss einer deutlichen Definitionsmacht als Helden oder Antihelden. Im Gegenteil, sein drastisches Ende ist so mutig und schmerzhaft, dass ich sehr überrascht war, dass dieser Film so abgescholten wurde. Er ist definitiv kein Wohlfühlfilm und wesentlich komplexer, als man ihn wahrnehmen möchte, zeigt er doch auf, wie eine verdrehte Psyche wahnsinnig schnell von sympathisch hin zu furcheinflößend kippen kann und wie unsicher unsere Überzeugung von dem, was wir als real glauben, ist. Toller, brisanter Film und vielleicht eine der mutigsten aber auch unbequemsten Fortsetzungen der letzten Jahre.
17. Didi
Hat da jemand Mid90s gesagt? Stell dir einen Coming of Age Film aus den 2000ern vor, ein Leben voller ICQ, AOL und Tastenhandy, Camcorder und Skateboards. DiDi oder BigWang versucht sich in diesem Mengengelage selbst zu finden und mit der Identität seiner chinesischen Vorfahren einen eigenen Weg zu finden. Mit wunderbar witzigen, teils peinlichen Dialogen und viel Selbstironie bohrt sich dieser Film direkt ins Herz. Danke an Franzi, die meine verschütteten Pistazien im Kino geduldig mit einem lachen ertragen hat. Charmante kleine Coming-of-Age-Komödie!
18. The Holdovers
Dieser Film ist ein bisschen wie dieser eine grummelige alte Lehrer, der irgendwie ein bisschen verpeilt war, aber letztendlich nur das Beste für dich wollte und dessen Liebenswürdigkeit man erst mit etwas Abstand erkennt und würdigen zu weiß. Langsam baut sich ein Miteinander aus Respekt für Paul (Paul Giamatti) und Angus (Dominic Sessa) auf und sie merken, dass sie beide eigentlich gar nicht so doof sind, wie sie immer voneinander gedacht haben. Alexander Payne hat mit seinem Favoriten Paul Giamatti einen wunderbaren Schauspieler, der diesen Film herzwärmend zum Weihnachtsfest mitten auf der Landebahn der Gefühle landet. Vielleicht neben Klaus einer der schönsten Weihnachtsfilme der letzten Jahre.
19. Sasquatch Sunset (Berlinale)
Dieser Film ist dumm. Kindisch. Albern. Völlig absurd und voller Pippi und Kacka. Und ich liebe es. Zusammen mit Jule und Andre saßen wir in diesem Film und mussten so hart lachen, schmunzeln und unsere Augen reiben, weil wir nicht glauben konnten, was wir da sahen. Wir folgen 90 Minuten lang vier Sasquatches mitten in den kanadischen Wäldern und schauen ihnen in ihrem Alltag zu. Der Film ist ein bisschen wie Swiss Army Man: absurd kreativ, mal rührend, mal völlig albern aber irgendwie immer clever genug um nicht zu vergessen, was dieses Medium alles kann. Dicke Empfehlung!
20. Favoriten (Berlinale)
Wo kommst du her? Wer hat dich als Kind durch deine Schulzeit begleitet? Welche Chancen hattest du, die andere nicht hatten? Diese Fragen stellt die Dokumentation Favoriten. Ein sehr schöner Dokumentarfilm über eine Grundschulklasse, in der sich der bedeutungsschwangere Filmtitel wie ein Schicksalsschleier über die Klasse legt. Sehr emotional und ein tolles Projekt, dass die Bedeutung von Bildung, Bindung und Herkunft sehr gut verdeutlicht.
21. Dream Scenario (Fantasy Film Fest)
Borgli hatte mit "Sick of myself" (Danke für die Einführung, Lena) bereits einen wirklich tollen Konkurrenten für "Triangle of Sadness" ins rennen gebracht, mit Dream Scenario macht er jetzt Filmen wie Being John Malkovich oder Vergiss mein Nicht (Eternal Sunshine of a Spotless Mind) Konkurrenz und zeigt, dass er dieses absurde, gesellschaftskritische Genre sehr gut beherrscht. Leider verliert sich der Film im dritten Drittel etwas, macht bis dahin aber alles richtig und selten hatte man mit Nic Cage mehr Spaß als hier. Gleichzeitig war die Erfahrung auch eine sehr schmerzliche. Was würdest du tun, wenn auf einmal Menschen auf der ganzen Welt von dir träumen? Klingt absurd? Ist es auch. Aber der Film spielt dieses Szenario herrlich durch. Große Empfehlung für einen kurzweiligen Filmabend.
22. The Cats of Gokogu Shrine (Berlinale)
Mein Lieblingsdokumentarfilmer Katsuhiko Soda hat es wieder getan. Diesmal spielt nicht nur eine Katze die Hauptrolle seiner Dokumentation, sondern gleich eine ganze Bande an ausgesetzten Mietzen, die den Schrein einer kleinen japanischen Insel bewohnen und den Nachbarn das Leben schwer machen. Diese sind genervt, dass sie sich immer weiter vermehren, in die Gärten käckern und Leute von weit herreisen, um sie auch noch zu füttern. Es wird Zeit für eine Maßnahme. Schnipp Schnapp ihr wisst schon. Das ganze Dorf hilft mit. Diese Doku hält diese skurrile aber irgendwie total liebenswürdige Ära des Schreines fest und schildert es aus vielen Blickwinkeln. Definitiv nicht Sodas bester Film, aber ein herrlicher Einblick in die Höflichkeit der Japaner:innen. Ich hatte richtig viel Spaß.
23. Der Junge und der Reiher
Heeyyjoooo Miyasaki. Was ist das für eine wilde Vision? Der Film hat sehr viele Gemüter sehr gespalten zurückgelassen. Wunderbar gezeichnet, visionäre Fantasien formidabel inszeniert und doch fühlt der Film sich emotional irgendwie ausgekugelt an. Viele Szenen wirken irgendwie zu knapp, unlogisch, nicht ganz passend. Gegensätze wie Gewalt und Schönheit sind fast immer Teil des Films, die Wut des Jungen auf den Reiher ist schwer nachvollziehbar und der Verlust seiner Mutter sitzt dem Jungen tief, berührt aber den Zuschauer fast gar nicht. Der Film gibt viele Rätsel auf: ist es biografisch begründet? Möchte Miyasaki zeigen, dass die Welt ein vielschichtiger Ort ist, in dem nicht alles glänzt? Nachvollziehbar wäre es, jedoch gibt er einem nicht ganz das Handwerkszeug, um alles zu verstehen. Trotzdem ist es einer der schönsten Filme, die ich 2024 (gleich 2 Mal) gesehen habe, aber sicherlich nicht der beste Ghibli Film. Dennoch: was für ein Genuß und Erlebnis.
24. Chungking Express (1993)
Im Rahmen unseres Filmclubabends habe ich einen Klassiker von Won Kar Wai nachgeholt, einem Vertreter des Chinesischen Kinos besonders aus den 90ern. Einst gehyped von Quentin Tarantino hat WKW seinen eigenen Stil entwickelt, eine wilde Mischung aus Improvisation, film-noir-Eindrücken und Musikeinsatz. Seine Filme fangen eher einen Zeitgeist ein oder kreieren diesen überhaupt erst, als das sie einer konkreten Handlung folgen. Dieser Episodenfilm fühlt sich ein bisschen wie der alte Bruder von Amelie an und atmet leichtherzige Bilder, schöne Menschen und witzige Dialoge, die Bildsprache ist hier schon, als einer seiner ersten Filme, unglaublich präsent. Auch dieser Film lief im Rahmen des Filmclubs und wir hatten eine Menge zu erzählen im Anschluss. Danke dafür!
25. Die Unschuld / Monster
Ein japanisches Drama über Erwartungen, Moral, Mobbing, Mensch sein und Freundschaft. Wie Anatomie eines Falles versuchen wir einen Fall zu rekonstruieren, hier aus verschiedenen Perspektiven. Mit ruhigen Bildern und cleveren Einstellungen und einer bittersüßen Tragik verhandelt Koreeda, der schon Shoplifters und andere kleine Perlen inszeniert hat, dieses Drama um Freundschaft und Schuld. Sehr schön anzusehen. Bringt Taschentücher mit.
26. Afire / Roter Himmel (2023)
Dieser Film verhandelt so vieles auf einmal. Sinn des Lebens, Depression, kreative Schaffenskraft und unsere Verantwortung gegenüber der Welt. Was würdest du tun, wenn du im Urlaub abgeschnitten bist von jeglicher Kommunikation und du weißt, dass ein Unheil hinter den Baumwipfeln schwillt? Welchen Wert hat deine Ambition, etwas zu erschaffen oder zu sein? Dieses beklemmende Szenario und die Dialoge der vier Personen, die sich damit auseinandersetzen, fesseln knapp zwei Stunden lang und reflektieren Gesellschaft, Kapitalismus, Verantwortung und Klimawandel. Spannend und eindringlich.
27. Challengers
Auch Luca Giadagnigno hat einen neuen Film, auf den ich mich sehr gefreut habe. Seid Call me by your Name bin ich Fan seiner überlebensgroßen romantischen Prunkfilme und auch Challengers hat wieder wunderschöne Menschen, die um die Leidenschaft ihres Gegenübers ringen und dabei in Drama, Missgunst und/oder verwehrter Liebe verfangen. In einem epischen Tennisgelage mit cleveren Einstellungen und heftigem Sounddesign (die Musik holt mich trotz Trent Reznor / Atticus Ross überraschenderweise gar nicht ab) sehen wir hier zwei sehr entgegengesetzte Tennisspieler, die auf Kosten ihrer Freundschaft miteinander um die Aufmerksamkeit von Zendaya ringen. Clever inszeniert bis zum Schluss, macht der Film besonders aufgrund des Schauwertes und eines wie ich finde durchaus cleveren Endes wirklich Spaß, aber für mich ist er nicht der große Hit, für den er allgemein hin gehandelt wird. Dazu ist er dann doch zu überinszeniert und holt mich thematisch nur bedingt ab.
28. Evil does not exist
Dieser sehr ruhige kleine Film erzählt eine angenehm gediegene Geschichte über unser Verhältnis zur Natur, zu Moral und Kapitalismus. Einprägsame Bilder aber auch viel Ruhe und Meditation sind Begleiter dieses kleinen Werkes von Ryusuke Hamaguchi, der auch Drive my Car gemacht hat. Mit Hilfe des Phänomens Glamping skizziert Hamaguchi unser gebrochenes Verhältnis zu Natur und Dasein, ohne es moralisch stark zu werten. Wer seinen Stil mag, ist auch hier genau richtig, er bietet viel zum Nachdenken.
29. Teufels Bad (Berlinale)
Einer dieser besonderen Filme, die dieses Jahr für überraschend viel Diskussion gesorgt haben. Ein beklemmendes wie tragisches kleines Gruselstück, nicht weit weg von The Witch, reflektiert die Hilflosigkeit einer einsamen Ehefrau, die von ihrem Glauben im Stich gelassen wird. Was wiederum nur noch mehr Demut erzeugt, bis es im Tragischen münet. Ich möchte nichts weiter über den Film sagen, außer, dass es total lohnenswert ist, sich mit dem Film und diesem Phänomen auseinanderzusetzen...
30. Furiosa
Da ist sie also. Die langerwartete Fortsetzung oder besser, Spinoff zu Mad Max Fury Road. Dieser Meilenstein des Actionskinos, der auch nach fast 10 Jahre nach erscheinen noch bahnbrechend nachhallt und sofort waghalsige Bilder in Erinnerung ruft, die man nie wieder vergessen wird, hat nun also einen weiteren Eintrag in dieses Universum bekommen. Taylor-Joy tritt in die Fussstapfen von Charlize Theron und zeigt die Kindheit von Furiosa. Sie drückt dabei das Gaspedal voll durch und zeigt einen mehr als furiosen Start. Einige der besten Actionszenen des Jahres, ungewöhnliche Kameraperspektiven und eine durchaus rasante und irgendwie charmante Biografieerzählung zeigen die verschiedenen Abschnitte dieser "Furie", die sich durch die Wüste kämpft, aus Wut, Rachegelüsten aber auch dem Drang zu überleben. Und das funktioniert an vielen Stellen wirklich gut. Aber man merkt, dass wir einen anderen Kameramann haben. Man merkt, dass hier mehr Effekte aus dem Computer kommen und man merkt, dass eine Geschichte befreit von ihrem narrativen Korsett mehr Spaß macht als der Versuch, die Figur Furiosa in ihrer Gänze biografisch zu erfassen. Denn der Film scheitert an seinem Bestreben, Furiosa in ihrer Gänze darzustellen. Trotzdem: gute Unterhaltung und eine nette Erweiterung des MadMax Universums.
31. Gladiator 2
Was ist nur los, Ridley? Irgendwie schwanken deine Filme enorm. Ich gebe zu, mir gefällt Gladiator 2 wesentlich besser als einem Großteil der Kritiker:innen, denn ich mochte neben der Action und den zahlreichen inszenatorischen Ideen durchaus, wie der Plot des ersten Teils weitergesponnen wird und jede noch so kleine Nuance wieder aufgegriffen wurde. Doch insgesamt war der Film für seine ja doch lange Laufzeit immer noch überladen. Zu viele kleine und große Aspekte wurden verhandelt, die durchaus eine Relevanz hatten, doch dafür opferten diese Details andere wichtige Elemente wie die Entwicklung und die persönliche Bindung zu dem Protagonisten. Zu keinem Zeitpunkt entwickelt sich so etwas wie eine Verbundenheit zu Paul Mescal, obwohl er ja den Film trägt. Das war etwas vergebene Mühe leider. Dennoch: Pedro Pascal und besonders Denzel Washington brillieren über alles und zeigen, warum sie so beliebt sind. Und Scott kann eben doch große, historische Action inszenieren und auch das war wirklich sehenswert.
32. Bottoms
Bottoms ist eine High-School Komödie irgendwo zwischen Saturday Night Sketches und in (zum Teil kritischer) Tradition auf Filme wie American Pie und Superbad. Einerseits thematisiert er die Tropes und Vorurteile dieser Filme und macht sich andererseits direkt darüber lustig, eignet sie sich an und formt sie zu sehr unterhaltsamen, oft aber oberflächlichen Gags. Das ist ganz schön blödelig aber verdammt unterhaltsam. Gute Komödien sind ja dann doch irgendwie rar und wäre Barbie nicht so verdammt lustig gewesen, hätte das für mich der lustigste Film aus 2023 sein können.
33. November (2017 im Rahmen des Filmclubs)
Der Estnische Film November nach einer Romanvorlage von "Der Scheunenvogt" bringt lokale Schauermärchen und Sagen zu einem stimmungsvollen Gruselfilm mit Anleihen Tarkowskis zusammen und fällt dabei überraschend witzig und vielschichtig aus. Er gewährt einen ganz eigenen, verstörenden Einblick in die estländische feudale Gesellschaft und mit einigen der schönsten poetischen Anleihen, die ich seit langem gesehen habe. Zum Dahinschmelzen... ;) . Ein Film, der mit minimalem Budget enorme Atmosphäre erzeugt und sowohl die symbolische als auch inhaltliche Ebene gekonnt bedient. Mit viel Anlass zur Diskussion im Anschluss war das ein stimmungsvoller Beitrag im Buchclub, der noch lange nachgehalt hat. Danke Luca!
34. Exhuma (Berlinale)
Dieser koreanische Slowburner über neuzeitliche Schamanen, die einen Geist zur Strecke bringen wollen, ist eine wirklich coole kleine Perle mit viel Atmosphäre und einer leicht ausgeprägten Länge. Der Payoff lohnt sich und die melancholische Stimmung und der dezente Humor sind ein tolles Zeugnis der Handwerkskunst des Regisseurs Jang Jae-Hyun. Irgendwo zwischen The Wailing, Das Omen und einer Akte X-Folge.
35. Beetlejuice Beetlejuice
Beetlejuice hat mich in meiner Jugend maßgeblich geprägt. Winona Ryder als liebeswürdige Goth, Michael Keaton als wahnwitziger und abgründiger Dämon, Tim Burtons Vision eines Leben nach dem Tod, ich hab mich so wohlgefühlt in diesen Gefilden des Außenseitertums. Umso gespannter war ich darauf, wie wohl eine Fortsetzung aussehen würde. Und Burton hat sichtlich wieder Spaß an dieser Welt und den vielen praktischen Effekten. Und die ging auch auf mich über. Leider fühlte sich auch dieser Film überraschend kurz und verkürzt an, denn viele spannende Aspekte wurden nur ganz kurz angerissen und hatten kaum Raum zum atmen. Aber davon mal ab findet man all die Elemente aus der früheren Verfilmung auch hier wieder und der Charme der Darsteller:innen, allen voran Jenna Ortago, hält nach wie vor an. Aber als besonders herausragend würde ich den Film nicht bezeichnen...
36. Between the Temples (Berlinale)
Jason Schwartzman ist ein schrulliger Kautz. Seine Filme und Serien atmen einen Charme, den man mögen muss, aber er ist auch ein Versprechen. Nämlich für die Darstellung melancholischer Gefühle, innerer Zerrissenheit und einer traurig schönen Zuversicht dazu, zu werden, wer man ist. In Between the Temples spielt er einen verwitweten Kantor auf Sinnsuche und findet dabei gleich mehrere ungewöhnliche Beziehungen, die ihm helfen, Erwartungen, Trauer und die eigene Verlorenheit abzulegen. Skurril, ungewöhnlich, charmant. Nicht herausragend, aber wie gemacht für einen gemütlichen Filmabend zum Schmunzeln und Kuscheln.
37. Dont look up (2021)
Nicht aus diesem Jahr, aber doch noch ziemlich aktuell und absolut erwähnenswert: Leonardo DiCaprio beweist Mut zum Mittelmaß und spielt einen Wissenschaftler, der zusammen mit seiner Kollegin einen Kometen entdeckt, der aber so gar nicht in die aktuelle Wahl passen will, weshalb sich das Weiße Haus erst einmal abwendet. Klingt erschreckend zeigemäß, oder? Der Film spielt mit Themen rund um Medien, Klimawandel/Umweltkatastrophe, Massenpsychologie und politischem Versagen. Sehenswert!
38. Late Night with the Devil
Mit wenig Budget und großen Ambitionen haben sich Cameron und Collin Cairnes aufgemacht, um diese Horrorperle zu inszenieren. Mit subtilen Mitteln entfaltet sich eine bedrückende und schaurig schöne Stimmung, fernab von Jump Scares und plumpen Effekten. Gepaart mit dem tollen Schauspiel von David Dastmalchian entfaltet sich hier ein kleiner Kammer-Horror, den man sich durchaus mal geben kann. Kein Meilenstein der Filmgeschichte und die Kontroverse über die Verwendung von Künstlicher Intelligenz für gestalterische Elemente empfand ich als etwas überzogen, aber für einen schönen Gruselabend taugt das Ding auf alle Fälle!
39. Inside Out 2 - Alles steht Kopf 2
Der erste Teil von Inside Out gehört zu meinen liebsten Animationsfilmen. Dieses populäre Vehikel, das Gefühle und Psychologie so clever thematisiert, wodurch auch Jugendliche verstehen und lernen, sich mit emotionaler Gefühlslandschaft auseinanderzusetzen und gleichzeitig auf einer unterhaltsamen und charmanten Art eine so schöne menschliche Geschichte zu erzählen, hat sich damals tief in mein Herz gespielt. Aus meiner Sicht stellt dieses Vorhaben eines der wichtigsten Projekte unserer Gegenwart dar, denn durch den Zugang zu der vielschichtigen Gefühlswelt lassen sich Traumata, Kommunikationsprobleme und Konflikte angehen und überwinden und ich glaube, dass viele Konflikte unserer Zeit auf einer ungelenken Bildung zu Emotionen zurückzuführen sind. Alles steht Kopf hat im ersten Teil einen wunderbaren Beitrag dazu geleistet und gezeigt, warum auch Trauer so ein wichtiges Element zur Persönlichkeitsentwicklung ist. Mit Alles steht Kopf 2 werden die Gefühle noch etwas weiter ausdifferenziert und leider versucht man, einige Aspekte mit dem Holzhammer reinzupressen. Etwa die Geschichte, die möglichst divers erscheinen möchte und auch keine Gewinner oder Verlierer erzeugen möchte. Das ist ein guter Ansatz, wirkt hier aber irgendwie künstlich. Doch im Großen und Ganzen ist auch Teil 2 ein absolut toller und herzlicher Film, den man auch einfach mit der ganzen Familie schauen kann. Oder allein. Das ist auch ok. :)
40. The Major Tones (Berlinale)
Dieser kleine zarte Film war Teil meines Berlinale-Besuchs und ich durfte ihn mit der Familie von Mandy anschauen und wird allein für diesen schönen Tag immer im Gedächtnis bleiben. Ein Mädchen mit einer Metallplatte im Arm empfängt seltsame Signale und streunert durch die Nacht, um herauszufinden, worin diese begründet sind. Auf der Suche nach der Ursache findet sie viel über sich selbst und ihre Familie heraus. Cute, noch etwas ungelenk, aber durchaus gut inszeniert. :)
41. Münter & Kandinsky
Ich bin in diesen Film ohne Vorwissen gegangen (ich bin davon ausgegangen, dass wir einen anderen Film schauen. Danke, Cora und Theresa :P ) und wurde mit einem vielschichtigen Portrait und nicht so guten Schauspielenden überrascht. Basierend auf der Biografie von Münter und Kandinsky nimmt man sich hier der Lebensgeschichte dieser Liebesbeziehung von zwei Künstler:innen, ihrem Ruhm und missgönnten Anerkennung an. Ein spannendes Zeugnis seiner Zeit mit vielen wichtigen Perspektiven auf Gleichberechtigung, flüchtigem Ruhm, Nationalsozialismus und Kunst, das aber inszenatorisch eher Durchschnitt darstellt.
42. When Evil Lurks (Fantasy Film Fest)
Ach wie schade. Dieser so atmosphärische Trailer zeigt, welches Potenzial in diesem Baby steckt, leider kann der Film die angeteaste Stimmung nicht halten, obwohl die erste halbe Stunde wirklich mit zu den coolsten Auftakten eines Horrorfilms gehören. Doch leider verzettelt sich der Film in seiner Logik, seiner Handlung und in den dann doch irgendwann plumpen Effekten... Dennoch ein sehenswürdiger kleiner Giftpilz, der wahrscheinlich nur einen Bruchteil des Budgets eines großen Schockers hat und hier um Längen besser funktioniert und inszeniert ist.
43. Anora
Der erste Film von Sean Baker, mit dem ich nicht so viel anfangen konnte. Die Dialoge zu platt, einige Szenen zu lang und die eigentlich ganz angenehm konstruierte Geschichte hat irgendwie interessante Kniffe, verliert mich aber mitten drin und holt mich erst am Ende wieder ab. Dazwischen drin bleibt unendlich langes Augenrollen. Worum es geht? Anora, eine Sexworkerin, lernt einen superreichen russischen Oligarchensohn kennen. Er verliebt sich in sie, sie haben viel Sex und eine gute Zeit miteinander, woraufhin er beschließt, sie zu heiraten. Das Versprechen des gesellschaftlichen Aufstiegs ist verlockend für sie und gleichzeitig mag sie den süßen Richboy. Das finden die Eltern allerdings gar nicht gut und alles gerät aus den Fugen. Der Versuch, die beiden wieder auseinanderzubekommen verläuft dann mehr als awkward und ist eigentlich sehr schön eingefangen, doch hier kommen Längen und plumpe, aber auch authentische Dialoge zum Einsatz, mit denen ich zu kämpfen hatte. Ein Stück weit erinnert der Film an Uncut Gems, schnelles Pacing treibt die Handlung weiter. Leider basiert der Film dann auf ellenlangen profanen Flüchen und konnte mich, vielleicht auch aufgrund seiner Authentizität, nie so 100% in seinen Handlungen überzeugen. Schade drum.
44. I saw the TV glow
45. Longlegs
Dieser Film ist eine Enttäuschung für mich gewesen. Denn der Hype war groß und alles deutete auf eine Akte X/ True Detective / Alan Wake 2 Atmosphäre hin, also alles, was ich liebe.Ein tolles Ermittlersetting und eine spannende Ausgangslage. Und schon wieder Nicolas Cage. Aber das Gesetz des Nicolas Cage will es, dass immer ein guter und dann ein blöder Cage-Film entstehen muss, und dieser gehört wohl zu letzterem. Denn dieses total verschenkte Potenzial seiner Auflösung und auch der etwas inkohärenten Erzählweise war einfach nicht der Spaß, den man mit diesem Potenzial erwarten konnte. Es bleibt eine nette aber irgendwie schale Atmosphäre mit einer dümmlichen Auflösung, die eigentlich in sich das Zeug gehabt hätte, großartig erzählt zu werden. Schade.
What is next?
Das wars fürs Erste: 2-3 Filme werden in Kürze noch nachgeholt und mit großer Spannung erwartet. Die Saat des heiligen Feigenbaums, Blag Dog und Heretic. Und Nosferatu klopft gleich in der ersten Januarwoche an die Kinotür! Cannotwaaait
Gurke des Jahres: Terrifier 2 (2022)
Terrifier 2 ist eigentlich aus 2022 und gilt als eines DER Meilensteine des brutalen Horrors, da in diesem Jahr der dritte Teil rausgekommen ist, ich diesen aber nicht sehen werde, steht der 2. Teil stellvertretend für die Reihe. Auf inszenatorischer Ebene trifft es sicherlich durchaus zu, dass der Film neue Maßstäbe setzt. Denn mit wenig Geld (ca. 200.000 Dollar) wurde hier ein Set-Piece an das nächste gereiht, um einen dämonischen Clown, der sich von Leid "ernährt", in den Mittelpunkt zu setzen. Für mich ist dieser Film und die Reihe, die gerade jedes Jahr einen dieser Filme auf den Markt spült, ein Armutszeugnis unserer Zeit. Ja, es ist handwerklich ungemein überragend, leider ist es auf einer inhaltlichen Ebene so unfassbar platt, unzusammenhängend und schlecht gespielt, dass mich der Hype darum mehr erschreckt als beglückt. In seiner voyeuristischen Art geht der Film an die Grenzen des Zeigbaren und spart sich irgend eine Handlung im Grunde komplett. Was bewegt unsere Gesellschaft, das solche Filme einen kommerziellen Erfolg erzielen? Ich erwarte wenigstens eine interessante Story oder Rahmenhandlung, aber dieses Vehikel für absurde Gewalt ist einfach platt und liefert nicht. Ich empfehle die cringe-Kommentare unter dem Trailer.
Meine liebsten Serien
Dieses Jahr ist die Serienlandschaft für mich eher mau gewesen. Zu viele andere Dinge, die mir die Zeit geraubt haben und nichts, was mich so wirklich hinter dem Ofen vorgeholt hat, bis auf zwei wenige Ausnahmen. Allgemein habe ich House of the Dragon, Herr der Ringe: Ringe der Macht aber auch Penguin und Masters of the Air geschaut. Alle Serien waren durchaus unterhaltsam und besonders Masters of the Air war überragend gut. Und auch The Penguin überrascht mit angenehm gesellschaftskritischen und gut reflektierten Tönen. Wer The Batman mochte, sollte dieser Serie unbedingt eine Chance geben. Aber mich hat dieses Jahr nichts so sehr bewegt, dass ich es hier explizit erwähnen müsste, außer einer Serie: Shogun. Mit herausragenden Sets, einzigartigen schauspielerischen Leistungen und unglaublich authentischen Bildern und Tönen hat diese Serie ein Feuerwerke der Sinne entfacht und sich an einem Stoff abgearbeitet, der im Vergleich zur alten Serie viele neue Untertöne hinzugewonnen hat. Eine ganz große Empfehlung für diese Miniserie, die nicht zu unrecht so viele Preise erlangt hat.
Kleiner Tipp: Auf ARD gibt es seit kurzem eine neue Ronja Räubertochterverfilmung, die man hier schauen kann. Durchaus sehenswert. Tolle Aufnahmen, tolle Atmosphäre. Aber dem Schauspiel fehlt das finale i-Tüpfelchen...
❤️
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